Ist der Arbeitsweg bereits Arbeitszeit? Die Arbeitszeit ist im Obligationenrecht nicht definiert. Hingegen befindet sich in der Verordnung Nr. 1 zum Arbeitsgesetz (ArGV 1) eine Definition von Arbeitszeit. Gemäss Art. 13 ArGV 1 ist die Arbeitszeit diejenige Zeit, während der sich der Arbeitnehmer zur Verfügung des Arbeitgebers zu halten hat. Sodann steht in der gleichen Bestimmung, dass der Weg von und zu der Arbeit nicht als Arbeitszeit gelte.

Der Arbeitsweg

Dennoch stellen sich immer wieder Fragen im Zusammenhang mit der Anrechenbarkeit des Arbeitswegs an die Arbeitszeit. Gemäss Bundesgericht liegt der Arbeitsweg zwischen dem Wohn- und dem Arbeitsort. Dabei muss Arbeit und Reise ein sachlicher Zusammenhang bestehen. Der Grund der Reise muss somit der Arbeitsantritt sein soll (es soll hier nicht näher auf den Arbeitsort eingegangen werden. Siehe hierzu etwa den Artikel betreffend Versetzung an einen anderen Arbeitsort). Nur wenn der Arbeitsweg als Arbeitszeit anzurechnen wäre, wäre er auch vom Arbeitgeber zu entschädigen.

In Bezug auf die Anrechenbarkeit des Arbeitswegs an die Arbeitszeit geltend folgende Faustregeln:

  • Der Arbeitsweg gehört nicht zur Arbeitszeit.
  • Gibt es verschiedene vertragliche Arbeitsorte (auch aufgrund zulässiger Weisung), ist jeweils der direkte Weg zum bestimmten Arbeitsort als Arbeitsweg zu qualifizieren und nicht als Arbeitszeit anzurechnen.
  • Wird der Arbeitnehmer an einem Arbeitsort eingesetzt, welcher vertraglich nicht vereinbart ist (und auch nicht im Rahmen des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber einseitig bestimmt werden darf), so gilt die dadurch entstehende Verlängerung des Arbeitsweges als Arbeitszeit. Unterbrüche während dem Arbeitsweg sind grundsätzlich nicht anzurechnen (bei längeren Wegen hingegen schon wie z.B. unvermeidbare Wartezeiten an einem Bahnhof oder Flughafen).
  • Direkter Weg zum Einsatzort: Hat sich der Arbeitnehmer direkt am Einsatzort einzufinden, so gilt die dadurch entstehende Verlängerung des Arbeitsweges als Arbeitszeit (vgl. Art. 13 Abs. 2 ArGV 1). Unterbrüche während dem Arbeitsweg sind grundsätzlich nicht anzurechnen (bei längeren Wegen hingegen schon wie z.B. unvermeidbare Wartezeiten an einem Bahnhof oder Flughafen).
  • Weg zum Arbeitsort und dann zum Einsatzort: Der Weg vom Arbeitsort zum Einsatzort gilt nicht mehr als Arbeitsweg. Dieser Weg ist ganz als Arbeitszeit anzurechnen, da er als Arbeitstätigkeit gilt.

Entscheide des Arbeitsgerichts Zürich

  • Das Arbeitsgericht Zürich hat in einem Fall entschieden (ArG ZH Entscheide 2007 Nr. 25), dass eine vertragliche Regelung, wonach sich der Arbeitsort immer dort befinden soll, wo der Einsatz zu leisten sei, gegen Art. 13 ArGV verstossen würde, da so Reisezeiten nie zu entschädigen seien.
  • In einem anderen Fall hat das Arbeitsgericht Zürich entschieden, dass Arbeitszeit verrichtet werde, wenn ein Arbeitnehmer sein Kollegen mit dem Privatfahrzeug auflade und zum Einsatzort bringe (ZR 1981 NR. 72).
  • In einem anderen Fall entschied das Arbeitsgericht Zürich, dass der Weg vom Sammelplatz zum Einsatzort (Baustelle) als Arbeitszeit gelte. In diesem Fall war aber aufgrund des anwendbaren GAV ein Sockelwert von 30 Minuten in Abzug zu bringen (ArG ZH Entscheide 2010 Nr. 9).

Pikettdienst

Ist beim Pikettdienst (gemäss Definition des Arbeitsgesetzes, vgl. insbesondere Art. 14 Abs. 1 ArGV 1) dieser ausserhalb des Betriebes zu leisten, gilt der Weg im Falle eines Einsatzes als Arbeitszeit (Art. 15 Abs. 2 ArGV 1).

 

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Autor: Nicolas Facincani