Gemäss Art. 335b OR kann das Arbeitsverhältnis während der Probezeit jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Tagen gekündigt werden; als Probezeit gilt der erste Monat eines Arbeitsverhältnisses (Abs. 1). Durch schriftliche Abrede, Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag können abweichende Vereinbarungen getroffen werden; die Probezeit darf jedoch auf höchstens drei Monate verlängert werden (Abs. 2).
Ohne spezielle Abmachung kann der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis daher im ersten Monat ab Stellenantritt jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Kalendertagen kündigen. Einen bestimmten Kündigungstermin (z.B. auf das Ende einer Woche), gibt es – ausser er sei speziell vereinbart – nicht.
Entscheid 4A_3/2017 des Bundesgerichts
Im Entscheid 4A_3/2017 vom 15. Februar 2018 hatte sich das Bundesgericht mit der Frage des Endes der Probezeit zu befassen, bzw. wann die Probezeit konkret als beendet gilt. Im konkreten Fall war der Sachverhalt so gelagert, dass die Parteien (i) keinen schriftlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen hatten und (ii) den mündlichen Arbeitsvertrag erst am Tag des Stellenantritts vereinbart hatten. Die Stelle wurde am 15. Juli 2015 angetreten. Es stellte sich die Frage, wann die Probezeit von 1 Monat fertig ist.
Das Bundesgericht führte im Zusammenhang mit dem Ende der Probezeit das Folgende aus (im Folgenden werden die genauen Wortlaute des Bundesgerichts zitiert):
Beginn der Probezeit:
- Die Probezeit nach Art. 335b Abs. 1 OR beginnt grundsätzlich am Tag des Stellenantritts.
Tatsächlicher Stellenantritt:
- Massgebend ist dabei der tatsächliche und nicht der vereinbarte Stellenantritt. Zu entscheiden ist, ob der Tag des Stellenantritts bei der Berechnung der Probezeit mitzuzählen ist oder nicht.
Art. 77 OR:
- Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR bestimmt Folgendes: Soll die Erfüllung einer Verbindlichkeit oder eine andere Rechtshandlung mit dem Ablaufe einer bestimmten Frist nach Abschluss des Vertrags erfolgen, so fällt ihr Zeitpunkt, „wenn die Frist nach Monaten oder einem mehrere Monate umfassenden Zeitraume (Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr) bestimmt ist, auf denjenigen Tag des letzten Monates, der durch seine Zahl dem Tage des Vertragsabschlusses entspricht, und, wenn dieser Tag in dem letzten Monate fehlt, auf den letzten Tag dieses Monates“. Die Bestimmung stellt sicher, dass dem Leistenden ein voller Monat respektive ein voller mehrere Monate umfassender Zeitraum zur Erfüllung einer Verbindlichkeit beziehungsweise zur Vornahme einer Rechtshandlung zur Verfügung steht. Da ihm nur ein Bruchteil des Tags des fristauslösenden Zeitpunkts verbleibt, wird dieser Tag zu seinem Schutz nicht mitgezählt.
- Für den Beginn der Frist stellt Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR auf den Tag „des Vertragsabschlusses“ ab. Art. 77 Abs. 2 OR präzisiert, dass die Frist in gleicher Weise auch dann berechnet wird, „wenn sie nicht von dem Tage des Vertragsschlusses, sondern von einem andern Zeitpunkte an zu laufen hat.“
Zählung der Tage:
- Wird der Arbeitsvertrag am Tag abgeschlossen, in dessen Verlauf auch noch der Stellenantritt erfolgt, steht dieser Tag nicht voll zur Verfügung. Er wird daher entsprechend dem Prinzip der Zivilkomputation nicht mitgezählt. Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR ist ohne Weiteres anwendbar.
Somit hätte hier die Probezeit am 15. August 2015 geendet (im konkreten Fall hatte sich die Probezeit aufgrund einer Krankheit von 1 Tag verlängert. Das Ende der Probezeit war damit am 16. August 2015).
Das Bundesgericht beantwortete hier die Frage nicht, wie das Ende der Probezeit zu bestimmen gewesen wäre, wenn der Arbeitsvertrag bereits vor Stellenantritt vereinbart worden wäre, verwies aber auf den Entscheid des Bundesgerichts 4C.45/2004 vom 31. März 2004.
Entscheid 4C.45/2004 des Bundesgerichts
Im Entscheid des Bundesgerichts 4C.45/2004 vom 31. März 2004 hatte sich das Bundesgericht ebenfalls mit der Bestimmung des Enddatum der Probezeit auseinanderzusetzen. Anders als im vorher besprochenen Entscheid wurde hier aber der Arbeitsvertrag bereits zuvor abgeschlossen. Der Stellenantritt erfolgte am 6. August 2001. Das Bundesgericht hielt für diesen Fall fest, dass die Probezeit am 5. September 2001 endet. Der Tag des Stellenantritts wurde hier also mitgezählt.
Aufgrund des Verweises auf den Entscheid des Bundesgerichts 4C.45/2004 vom 31. März 2004 kann davon ausgegangen werden, dass dieser weiterhin seine Gültigkeit hat. Es kann also wohl davon ausgegangen werden, dass die Regel weiterhin gilt, dass wenn der Arbeitsantritt am 1. des Monats erfolgt, die Probezeit am letzten Tag des entsprechenden Monates endet.
Autor: Nicolas Facincani