Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen ein Zwischenzeugnis und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Schlusszeugnis auszustellen (Art. 330a Abs. 1 OR). Der Arbeitnehmer kann das Arbeitszeugnis bis 10 Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangen (Verjährungsfrist) und die Ausstellung des Arbeitszeugnisses gerichtlich durchsetzen. Dabei stellt sich immer wieder die Frage, ob Absenzen im Arbeitszeugnis zu erwähnen sind.

 

Grundsätze für Zeugniserstellung

Dabei hat der Arbeitgeber die folgenden Grundsatze zu beachten:

  • Wohlwollen: Das Arbeitsverhältnis muss wohlwollend sein und darf die berufliche Zukunft des Arbeitnehmers nicht unnötig erschweren. Dies ist zwar nicht im Gesetz vorgeschrieben, doch ergibt sich dieser Grundsatz aus der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Trotzdem sind durch den Arbeitgeber auch negative Punkte zu erwähnen, wenn dies für die Beurteilung der Leistung und des Verhaltens von Bedeutung, also wesentlich, ist.
  • Wahrheitsgebot: Der Inhalt des Arbeitszeugnisses muss der Wahrheit entsprechen. Einmalige Verfehlungen, welche keinen Zusammenhang mit der Kündigung haben, sind im Arbeitszeugnis nicht zu erwähnen.
  • Vollständigkeitsgebot: Das Arbeitszeugnis muss vollständig sein. Es muss alle relevanten Fakten und Bewertungen enthalten, die für eine Gesamtbeurteilung notwendig sind.
  • Klarheitsgebot: das Arbeitszeugnis muss klar und frei von Widersprüchen sein. Es ist auf die Verwendung von missverständlichen Formulierungen zu verzichten. Insbesondere ist es nicht zulässig, dass ein Arbeitgeber sogenannte ≪Geheimcodes≫ verwendet.

Einzelfragen

Bei der ungerechtfertigten fristlosen Entlassung hat der Arbeitgeber als letzten Arbeitstag denjenigen Tag im Zeugnis aufzuführen, an welchem das Arbeitsverhältnis ordentlicherweise hätte beendet werden können.

Folgende Sachverhalte dürfen im Arbeitszeugnis nicht erwähnt werden, um das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht übermässig zu erschweren:

  • Hinweis auf Straftaten, sofern lediglich ein Verdacht vorliegt
  • Hinweis auf Vorstrafen oder Vorfalle, die ausserhalb der Arbeitszeit erfolgten und die keine Relevanz für das Arbeitsverhältnis haben (Angaben zu Mitgliedschaften in Gewerkschaften, politischen Parteien und Betriebskommissionen / Wird ein falsches Arbeitszeugnis ausgestellt, kann sich der Aussteller haftbar machen, wenn beim neuen Arbeitgeber dadurch ein Schaden entsteht / Der Arbeitnehmer kann ein korrigiertes Zeugnis verlangen, sofern das ausgestellte Arbeitszeugnis Mängel aufweist und den Grundsätzen für die Zeugnisse widerspricht).
Erwähnung Kündigungsgrund:
  • wenn vom Arbeitnehmer gewünscht
  • wenn ohne Erwähnung ein falsches Bild entstehen wurde
Erwähnung Krankheit:
  • längere Krankheit (oder immer wiederkehrende Absenzen)
  • Krankheit war Kündigungsgrund oder hätte es sein können
  • ohne Erwähnung entsteht falsches Bild

Entscheide des Bundesgerichts

Das Bundesgericht hatte sich in diesem Jahr bereits zweimal mit der Frage auseinanderzusetzen, ob im jeweilgen Fall eine länger dauernde Abwesenheiten diese Absenzen im Arbeitszeugnis zu erwähnen waren:

  • BGE 4A_574/2017 vom 14.5.2018: Das Bundesgericht bestätigte im konkreten Fall, dass die Arbeitsverhinderung von 6 Monaten im Zeugnis zulässig war. Der Mitarbeiter hatte 9 Jahre gearbeitet, wobei er am Schluss als stellvertretender Geschäftsführer tätig war. Genau in diese Zeit fiel auch die Abwesenheit. Eine Nichterwähnung hätte sonst ein falsches Bild ermittelt „Die Vorinstanz ging zutreffend von dieser Rechtslage aus. Ihre Wertung, wonach im konkreten Fall eine halbjährige krankheitsbedingte Abwesenheit als erheblich einzustufen ist, wird vom Beschwerdeführer nur mit dem unzutreffenden Hinweis auf eine vermeintliche Mindestabwesenheitsdauer von einem Jahr beanstandet. Gerade weil er „erst“ im April 2009 stellvertretender Geschäftsführer wurde und die gesamte krankheits- und freistellungsbedingte Absenz in die Zeit fiel, in der er diese Position inne hatte, würde eine Nichterwähnung zu einem unzutreffenden Eindruck bezüglich der von ihm diesbezüglich erworbenen Berufserfahrung führen. Die vorinstanzliche Beurteilung ist nicht zu beanstanden.“
  • BGE 8C_134/2018 vom 17. September 2018: Dieser Fall betraf ein öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis, für welches aber wiederum Art. 330a OR anwendbar ist (Art. 6 Abs. 2 BPG). Auch hier bestätigte das Bundesgericht die Erwähnung der Abwesenheit im Zeugnis, die aufgrund der Dauer der Abwesenheit. Es stellte fest, dass längere Absenzen mit Grundangabe im Arbeitszeugnis zu erwähnen sind: „ Müssen Arbeitsunterbrüche erwähnt werden, weil andernfalls ein falsches Bild über die erworbene Berufserfahrung entstünde, dann gebieten es der Grundsatz der Vollständigkeit und das Gebot der Klarheit eines Arbeitszeugnisses, auch die Gründe für die Abwesenheit aufzuführen. Für den Abwesenheitsgrund der Krankheit kann dazu auf die oben zitierte Rechtsprechung verwiesen werden (vgl. E. 5.2.1 hiervor). Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist dabei irrelevant, dass ihre Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit arbeitsplatzbezogen war. Entscheidend für die Grundangabe ist einzig, dass die Beschwerdeführerin während ihrer Abwesenheit krankgeschrieben war. Nicht anders verhält es sich bei Abwesenheiten wie Militärdienst, Mutterschaftsurlaub, unbezahlter Urlaub oder Freistellungen. Es ist kein Grund ersichtlich, solche Arbeitsunterbrüche mit Bezug auf die Nennung im Arbeitszeugnis anders zu behandeln als eine Abwesenheit wegen Krankheit. Ein potentieller Arbeitgeber wird die Abwesenheit hinterfragen und sich nach den Gründen erkundigen. Entgegen den Ausführungen der Beschwerdeführerin lässt daher nicht die Angabe von Gründen Raum für Spekulationen (vgl. dazu auch SUSANNE JANSSEN, a.a.O., S. 126 Fn. 275), sondern im Gegenteil deren Nichterwähnung, was nicht im Interesse der Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmers liegt. Im Übrigen hat die Vorinstanz zutreffend dargelegt, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern sich die Nennung des Abwesenheitsgrundes der Mutterschaft negativ auswirken sollte. Die Beschwerdeführerin begründet nicht näher, inwiefern sich die Erwähnung des Mutterschaftsurlaubs im Arbeitszeugnis nachteilig auf ihr berufliches Fortkommen auswirken sollte. Entgegen ihrer Auffassung kann sie auch aus dem Notwehrrecht der Lüge nichts zu ihren Gunsten ableiten. Das Arbeitszeugnis dient in erster Linie dem beruflichen Fortkommen, ist ein wesentlicher Bestandteil eines Bewerbungsdossiers und dementsprechend auch Thema und Grundlage eines Bewerbungsgesprächs. Was somit in einem Vorstellungsgespräch verschwiegen und gar aktiv geleugnet werden darf, kann grundsätzlich auch nicht Thema eines Zeugnisses sein. Mutterschaft als „frauenspezifisches Phänomen“ ist in Bezug auf eine allfällige Diskriminierung sicher genau zu betrachten. An sich kann sie, genauso wie die Vaterschaft, mit Blick auf die dadurch gewonnenen Erfahrungsfelder im Bewerbungswettbewerb auch mit Vorteilen verbunden sein. Ein Nachteil kann darin bestehen, dass der (potentielle) Arbeitgeber um mögliche Absenzen fürchtet, die beispielsweise durch Krankheit der Kinder oder anderweitigen Betreuungsbedarf bedingt sein können; auch dies kann Väter genauso treffen, angesichts der noch immer vorherrschenden Rollen- und Aufgabenverteilung unter den Eltern aber sicher weit weniger häufig und ausgeprägt als Frauen. Wesentlich ist jedoch in diesem Zusammenhang, dass bei einer Frau im gebärfähigen Alter, ob sie nun Mutter ist oder nicht, stets mit der Möglichkeit einer (weiteren) Mutterschaft und entsprechenden Ausfällen zu rechnen ist. Selbst wer im Lebenslauf also angibt, kinderlos zu sein, ist es möglicherweise schon wenige Monate nach Stellenantritt nicht mehr. Fragen nach Familienplanung werden im Bewerbungsgespräch grundsätzlich nicht gestellt. Mit Blick auf diesen biologisch bedingten Umstand, der alle Frauen im gebärfähigen Alter betrifft, fällt die Angabe einer schwanger- oder mutterschaftsbedingten Absenz im Zeugnis kaum spürbar ins Gewicht, umso weniger, als damit auch positive Effekte verbunden sein können. Eine Verletzung der Bestimmungen des Gleichstellungsgesetzes ist nicht ersichtlich.“

Autor: Nicolas Facincani