Fristlose Kündigung: Wird ein Arbeitgeber zahlungsunfähig, und werden die Forderungen aus dem Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers nicht inner angemessener Frist sichergestellt, so kann der Mitarbeiter das Arbeitsverhältnis fristlos kündigen (Art. 337a OR). Durch diese Regelung der fristlosen Kündigung werden die künftigen, noch nicht fälligen Löhne sichergestellt. Dabei beträgt die Frist zur Sicherstellung mind. 3 Tage, in Spezialfällen 10 Tage.
Damit ein Arbeitnehmer aber fristlos kündigen darf, ist zudem die dauerhafte Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nötig. Bloss vorübergehende Liquidätsengpässe reichen nicht, um das Kündigungsrecht zu begründen. Hingegen braucht die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer nicht angedroht zu werden, was aber in der Praxis aber dennoch gemacht wird.
Fristlose Kündigung gestützt auf Art. 337 OR
Liegen die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nach Art. 337a OR nicht vor (oder können sie nicht bewiesen werden), kann unter Umständen eine Kündigung nach Art. 337 OR gerechtfertigt sein.
Eine fristlose Kündigung darf dann erfolgen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (Art. 337 Abs. 1 OR). Dies ist dann der Fall, wenn es für die kündigende Partei nach Treu und Glauben unzumutbar ist, das Arbeitsverhältnis bis zum nächsten ordentlichen Kündigungstermin fortzusetzen (Art. 337 Abs. 2 OR). Im Zusammenhang mit ausstehenden Lohnzahlungen ist eine fristlose Kündigung unter Umständen dann möglich, wenn sich der Arbeitgeber weigert, den Lohn trotz Mahnung auszuzahlen (eine weitere Möglichkeit bestünde etwa auch in der Niederlegung der Arbeit nach Art. 82 OR).
Das Arbeitsgericht Zürich hatte sich mit einem solchen Fall einer fristlosen Kündigung auseinanderzusetzen, hat im konkreten Fall aber das Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen für die gerechtfertigte fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer verneint.
Entscheid des Arbeitsgerichts Zürich (Entscheid Nr. 16 2017)
Im konkreten Entscheid des Arbeitsgerichts Zürich wurde der Lohn für den Januar 2016 nicht ausbezahlt, jedoch wurde war im Kündigungszeitpunkt aufgrund eines Teilbetrages nicht ein ganzer Lohn ausstehend. Der Arbeitnehmer setzte dem Arbeitgeber Frist bis am 8. Februar zur Bezahlung des Lohnes und kündigte drei Tage danach fristlos das Arbeitsverhältnis, obgleich der Arbeitgeber die Zahlungswilligkeit mehrfach angezeigt hatte, wies aber auf bestehende Liquiditätsprobleme hin. Vor dem Januarlohn wurde auch der Dezemberlohn erst am 12. Januar 2016 aus, obwohl der Lohn mangels anderer Vereinbarung bereits Ende des Monats fällig gewesen wäre (Art. 323 Abs. 1 OR). Im Kündigungszeitpunkt befand sich der Arbeitnehmer bereits im gekündigten Zustand, der Arbeitsvertrag wurde zuvor durch den Arbeitgeber per 31. Juli 2016 gekündigt.
Folgende Punkte waren bei der Beurteilung relevant (vgl. Entscheid Nr. 16 2017):
- Erforderlich ist ein wiederholter Verzug oder eine beharrliche Zahlungsverweigerung trotz Fristansetzung
- Ein einmaliges Ausbleiben des Lohnes für einige Tage reicht nicht aus
- Entscheidend ist, ob das Vertrauensverhältnis derart gestört ist, dass die sofortige fristlose Kündigung als einziger Ausweg erscheint
- Nach der ordentlichen Kündigung sind an einer fristlose Kündigung erhöhte Anforderungen zu stellen.
Das Arbeitsgericht kam zu folgendem Schluss:
- Die fristlose Kündigung erfolgte im vorliegenden Fall voreilig
- Die Vertragsverletzung wiege nicht derart schwer, dass eine fristlose Kündigung bereist so früh gerechtfertigt gewesen wäre
- Der Arbeitnehmer wäre berechtigt gewesen, die Arbeit ab dem 8. Februar niederzulegen, hätte aber für die fristlose Kündigung länger zuwarten müssen (bei einer Arbeitsniederlegung hätte länger zugewartet werden müssen als wenn die Arbeit nicht niedergelegt wird, damit die fristlose Kündigung gerechtfertigt ist)
- Die verspäteten Lohnzahlungen für frühere Löhne, die teilweise bereits lange zurücklagen, ändern an der Einschätzung nichts.
Autor: Nicolas Facincani