Ferienrecht: Das Obligationenrecht sieht einen Mindestanspruch von vier Wochen bezahlten Ferien pro Jahr vor. Jugendliche bis zum 20. Altersjahr dürfen sich fünf Wochen lang vom Berufsstress erholen. Auch für den Lehrvertrag ist ergänzend festgehalten, dass einem Lehrling wenigstens 5 Wochen Ferien zu gewähren sind. Bei den vorgenannten Vorschriften handelt es sich um Mindestvorschriften zugunsten des Arbeitnehmers. D.h. von Ihnen darf nur zugunsten, jedoch nicht zulasten eines Arbeitnehmers abgewichen werden. In der Praxis oft anzutreffend sind Verträge und Gesamtarbeitsverträge, bei welchen die Anzahl Ferientage an die Dienstjahre oder an das Alter des Arbeitnehmers gekoppelt sind. Solche Regelungen sind in der Regel zulässig (sofern das gesetzliche Ferienminimum eingehalten ist), aber vom Gesetz nicht zwingend vorgesehen. In Gesamtarbeitsverträgen und in Einzelarbeitsverträgen wird für Arbeitnehmer ab dem 50. Altersjahr häufig ein höherer Ferienanspruch (oftmals 5 Wochen) gewährt. In gewissen, vom Gesetz vorgesehenen Fällen, können die Ferien gekürzt werden (Art. 329b OR).

 

Zeitpunkt und Dauer – Der Chef bestimmt?

Obgleich das Obligationenrecht relativ klar vorsieht, dass der Arbeitgeber den Ferienzeitpunkt bestimmt, unterliegt dieses Recht erheblichen Einschränkungen:

 

Wann sind die Ferien zu gewähren?

Die Ferien sind in der Regel im laufenden Dienstjahr zu gewähren. Von den Ferien müssen sodann mindestens zwei Wochen zusammenhängen. Damit will man den medizinischen Erkenntnissen gerechte werden. Rhythmusänderung und Entspannungswirkung können sich nur in Ferien von mehrwöchiger Dauer richtig einstellen, dies nach nach einer Akklimatisationszeit, die bei zunehmendem Alter immer länger wird. Dabei lässt es die kantonale Gerichtpraxis genügen, dass wenn der Arbeitnehmer während 14 aufeinander folgenden Tagen von der Arbeit befreit sei. Keine Rolle spielt es, ob es sich dabei um Sonn-, Fest- oder Arbeitstage handelt. So sind auch Betriebsferien über Weihnachten/Neujahr genügend, wenn diese 14 Tage dauern.

Auf ausdrücklichen Wunsch des Arbeitnehmers kann dieser auch einzelne Freitage oder gar Halbtage unter Anrechnung auf den Ferienanspruch beziehen, sofern die zwei Wochen am Stück berücksichtigt werden. In Einzelfällen kann sich dies aber als unzulässig erweisen, wenn der Erholungszweck der Ferien durch die Kurzabwesenheiten vereitelt wird oder wenn damit der zusammenhängende Bezug von zwei Wochen Ferien verunmöglicht wird.

 

Führzeitige Bestimmung der Ferien

Die Ferien müssen sodann durch den Arbeitgeber frühzeitig zugewiesen werden, damit eine vernünftige Planung möglich ist. Als Faustregel wird von einer Frist von etwa zwei bis drei Monate im Voraus ausgegangen. Eine kurzfristige Verschiebung einmal festgelegter Ferien müssen sich die Arbeitnehmenden nur in Notfällen gefallen lassen (siehe unten). Häufig wird die zeitliche Lage der Ferien einvernehmlich zwischen den Parteien festgelegt, z.B. indem der Arbeitnehmer seine Ferien Anfang Jahr anmeldet und der Arbeitgeber sie genehmigt. Sieht der Arbeitsvertrag sodann vor, dass der Arbeitnehmer den Ferienzeitpunkt gemeinsam mit dem Vorgesetzten zu vereinbaren habe, bedeutet dies nicht, dass es alleinige Sache des Arbeitnehmers ist, für den Bezug seiner Ferien zu sorgen, sondern der Arbeitgeber ist weiterhin verantwortlich, für den Ferienbezug zu sorgen. Zulässig ist auch, dass der Arbeitgeber die Ferienbestimmung an den Arbeitnehmer delegiert.

 

Interessen des Arbeitnehmers

Als Ausfluss der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme hat der Arbeitnehmer Anrecht auf frühzeitige Zuteilung der Ferien, und, soweit möglich, auf Zuteilung in einer für Ferien geeigneten Zeit. Diese Verantwortung kann nicht auf die Mitarbeitenden abgeschoben werden. Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer zur Ferienfestsetzung anzuhören und soll auf dessen Wünsche möglichst Rücksicht nehmen, soweit das mit den Interessen des Betriebs vereinbar. Übergeht der Arbeitgeber bei der Festsetzung der Ferien die Wünsche des Arbeitnehmers, ohne dass dies durch betriebliche Interessen gerechtfertigt ist, so überschreitet er sein Festsetzungsrecht.

Bei Arbeitnehmenden mit schulpflichtigen Kindern muss auf die Schulferien Rücksicht genommen werden – die Ferien dürfen nicht überwiegend ausserhalb der Schulferien angeordnet werden. Ein Arbeitnehmer, der als intensives Hobby Wettkämpfe in einer bestimmten Jahreszeit bestreitet, soll seine Ferien wenn irgend möglich in dieser Jahreszeit beziehen dürfen. Ebenso wird davon ausgegangen, dass im Anschluss an den Mutterschaftsurlaub, wenn die Arbeitnehmerin diesen so verlängern möchte und es die Interessen des Betriebes zulassen, Ferien in der Regel gewährt werden müssen.

Auch in Bezug auf die Feriendauer ist Rücksicht zu nehmen – sprechen keine konkreten betrieblichen Interessen gegen den Bezug von drei Wochen Ferien am Stück, so hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer diese zu gewähren.

Kann der Arbeitnehmer nicht zum gewünschten Zeitpunkt Ferien beziehen, ist der Arbeitgeber allenfalls gestützt auf den Grundsatz von Treu und Glauben dazu angehalten, seinem Arbeitnehmer einen unbezahlten Urlaub zu gewähren, z.B. um ihm zu ermöglichen, die Ferien mit seiner Familie zu verbringen.

 

Eigenmächtiger Ferienbezug

Ein eigenmächtiger Ferienbezug stellt in der Regel eine schwerwiegende Verletzung des Arbeitsvertrages dar, der unter Umständen zur fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages berechtigt. Ein eigenmächtiger Ferienbezug durch den Arbeitnehmer ist aber gegebenenfalls zulässig, wenn sich der Arbeitgeber trotz ausdrücklicher Aufforderungen weigert, Ferien überhaupt oder in der vom Gesetz geforderten Weise zu gewähren. Dabei wird aber davon ausgegangen, dass die entsprechende Absicht durch den Arbeitnehmer rechtzeitig anzukündigen ist, ansonsten er unter Umständen einen Grund für eine zulässige fristlose Entlassung durch den Arbeitgeber gibt.

 

Rückruf und kurzfristige Verschiebung der Ferien

Der Arbeitnehmer muss aus dringlichem und unvorhergesehenem, betrieblichem Bedürfnis eine Änderung des Ferienzeitpunkts, in Ausnahmefällen sogar ein Rückruf aus den Ferien, akzeptieren. Dem Arbeitnehmer ist dann allerdings der entstandene Schaden vom Arbeitgeber zu ersetzen. Dabei bleiben dem Arbeitnehmer die nach dem Rückruf entfallenen Ferientage erhalten. Der Arbeitnehmer hat dann Anspruch auf Ersatz des Schadens, der durch die Verschiebung entstanden ist (Annullierungskosten).

 

Nachgewährung und Geldabfindung von Ferien

Erkrankt ein Arbeitnehmer in den Ferien oder erleidet er einen Unfall, so hat das oft zur Folge, dass der entsprechende Arbeitnehmer seine Ferien nicht geniessen und sich somit auch nicht erholen kann. Ist durch die Krankheit oder den Unfall der Erholungszweck der Ferien vereitelt, gilt ein Arbeitnehmer als ferienunfähig und die entsprechenden Ferientage gelten als nicht bezogen. Steht dies schon im Voraus fest, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Verschiebung der bereits festgelegten Ferien. Es ist hingegen in solchen Fällen klar zwischen und Arbeits- und Ferienunfähigkeit zu unterscheiden, denn das eine bedeutet nicht zugleich auch das andere. Verunfallt ein Arbeitnehmer in den Ferien, muss er neben dem Unfall zugleich nachweisen, dass er sich aufgrund dieses Umstands in den Ferien nicht erholen konnte, damit ihm die entsprechenden Ferientage wieder gutgeschrieben werden können. Es ist anhand des Einzelfalles zu beurteilen, ob die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind. Die Praxis zeigt jedoch, dass die meisten Arbeitgeber etwas grosszügiger als das Gesetz sind. Oft lassen Arbeitgeber oder die entsprechenden Personalverantwortlichen genügen, dass ein Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis betreffend eine Krankheit während den Ferien vorlegt, um die entsprechenden Ferientage erneut gutzuschreiben, ohne die Ferienfähigkeit weiter abzuklären. Ebenfalls, ohne Weiteres, gutzuschreiben sind Ferientage, welche auf einen Feiertag fallen.

Wenn möglich sind die während des Arbeitsverhältnisses und nicht als Geldabfindung zu gewähren, auch wenn das Arbeitsverhältnis gekündigt ist, doch kann sich aus Praktikabilitätsgründen eine Geldabfindung aufdrängen: Bei Teilzeitarbeit mit unregelmässigen Pensen lässt es die Gerichtspraxis zu, dass eine Ferienentschädigung zusätzlich zum Lohn bezahlt wird. Ferien dürfen auch nicht durch Lohnpauschalen oder Zuschläge abgegolten werden. Dies ist im nur grundsätzlich nur dann zulässig, wenn die Berechnung der Ferien sehr schwierig ist (oder bei sehr kurzen Arbeitsverträgen), der Arbeitsvertrag dies vorsieht und die entsprechenden Lohnpauschalen in den Lohnabrechnungen ausgewiesen sind. Spezielle Regelungen über die rein finanzielle Abgeltung nicht bezogener Ferien können bei einer Kündigung zur Anwendung gelangen, insbesondere wenn der Bezug der Ferien keinen Sinn mehr ergibt oder faktisch nicht mehr möglich ist. Bei einer Freistellung ist im Einzelfall zu beurteilen, ob die Ferien noch angeordnet werden können (bzw. ob sie als während der Freistellungsdauer als bezogen gelten) oder ob sie zu entschädigen sind, wobei hier die Regel gilt, dass je länger die Freistellung dauert, umso mehr Ferien können als bezogen betrachtet werden können, wobei hier nicht selten die Gerichte über die konkreten Fälle zu entscheiden haben.

 

Verjährung und Verwirkung von Ferien

Was passiert mit nicht bezogenen Ferien Ende Jahr? Können diese auf das nachfolgende Jahr transferiert werden? Verbreitet ist die Ansicht, dass nicht bezogene Ferien am Ende eines Jahres verfallen. Auch allgemeine Arbeitsreglemente sehen oft ähnliche Regelungen vor. Das Bundesgericht hat grundsätzlich gegen die Zulässigkeit solcher Regelungen entschieden. D.h. nicht bezogene Ferien werden grundsätzlich ohne Weiteres auf die nächsten Jahre übertragen, wodurch sich das Ferienguthaben für die Folgejahre erhöht. Der Arbeitgeber muss daher den Ferienbezug anordnen, will er exorbitante Ferienguthaben verhindern. Hingegen ist zu beachten, dass der Anspruch auf Ferien nach 5 Jahren verjährt. Dabei sind Ferien, die bezogen werden, mit dem ältesten Ferienanspruch zu verrechnen.

 

Ständige Erreichbarkeit während der Ferien

Grundsätzlich ist vom Erholungszweck der Ferien auszugehen. Dies führt dazu, dass, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern ausdrücklich die ständige Erreichbarkeit verlangt, die entsprechenden Tage in der nicht als Ferien angerechnet werden können, da sich ein Arbeitnehmer in einem solchen Zustand nicht angemessen erholen kann.

Dies gilt aber nicht bei Fällen, wo die Erreichbarkeit nicht für eigentliche Arbeitseinsätze oder Informationsabgabe und Auskunftserteilung im unternehmerischen Normalbetrieb eingesetzt wird, sondern lediglich für Notfälle. Hier lässt sich ein gesetzeskonformer, den Erholungszweck ermöglichender Bezug der Ferien bejahen. Das gleiche gilt u.E., wenn ein Arbeitnehmer nur gelegentlich währen den Ferien einen Anruf entgegennimmt und ein Gespräch führt, eine E-Mail liest und beantwortet oder an einer Videokonferenz teilnimmt, ohne dass erwartet wird, dass er jederzeit auch erreichbar ist und sofort antwortet. Auch in diesen Fällen ist ein Erholungszweck möglich. Das Gleiche dürfte gelten, wenn klar ist, dass trotz erwarteter jederzeitiger Erreichbarkeit diese nie in Anspruch genommen wird.

Klar ist aber: Die tatsächliche Einsatzzeit, die Zeit also, während der ein Arbeitnehmer zum Beispiel einen Anruf entgegennimmt und ein Gespräch führt, eine E-Mail liest und beantwortet oder an einer Videokonferenz teilnimmt, stellt Arbeitszeit dar und ist als solche in der Arbeitszeiterfassung festzuhalten.

Anderes gilt nach der Praxis, wenn ein Arbeitnehmer freiwillig den Kontakt zum Arbeitgeber sucht und sich auf dem Laufenden hält. Dies ist weder Arbeitszeit noch kann dies zur Nachgewährung von Ferien führen.

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

 

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