Im Entscheid 4A_500/2018 vom 11. April 2019 hatte sich das Bundesgericht darüber zu äussern, ob mit dem CEO im konkreten Fall ein Arbeitsvertrag abgeschlossen worden sei.

In Bezug auf das Rechtsverhältnis zwischen einer juristischen Person und ihren Organen, insbesondere zwischen einer Aktiengesellschaft und Mitgliedern des Verwaltungsrats oder der Geschäftsleitung, hielt das Bundesgericht fest, dass es sowohl in den Anwendungsbereich des Gesellschaftsrechts als auch des Vertragsrechts fallen könne. In letzterem Zusammenhang sei eher die Tendenz zu berücksichtigen, dass Geschäftsleitungsmitglieder an einen Arbeitsvertrag und Verwaltungsräte an ein Mandat oder einen Vertrag sui-generis ähnlich dem Mandat gebunden seien.

In jedem Fall sei das entscheidende Kriterium für den Arbeitsvertrag das Unterordnungsverhältnis, wobei die betreffende Person Anweisungen, z.B. des Verwaltungsrates, unterliegt.

Per Definition bestehe kein Unterordnungsverhältnis, wenn es eine wirtschaftliche Identität zwischen der juristischen Person und ihrem Leitungsorgan gebe; ein Arbeitsvertrag könne daher eine Aktiengesellschaft und ihren Gesellschafter und alleinigen Geschäftsführer nicht bestehen (ATF 125 III 78 Erwägung 4 S. 81).

Nur durch die Prüfung aller Umstände des Einzelfalls könne somit festgestellt werden, ob die betreffende Tätigkeit abhängig oder unabhängig ausgeübt werde (BGE 130 III 213, Erwägung 2.1; BGE 129 III 664 Erwägung 3.2; BGE 128 III 129 Erwägung 1a/aa S. 132).

 

Sachverhalt

Nach dem angefochtenen Urteil war der Kläger und CEO einer der Gründer der Gesellschaft (Arbeitgeberin), bei der er bis zum 14. Dezember 2011 auch Verwaltungsrat und 50%iger Aktionär war, so dass er an den Entscheidungen über seine Ernennung zum CEO und die Festlegung seiner Vergütung beteiligt war. Aufgrund seines Status als Verwaltungsrat und 50%iger Aktionär bzw. des Inhalts einer Gesellschaftervereinbarung (Aktionärbindungsvertrag) vom 14. Dezember 2011 konnte er nicht ohne seine Zustimmung aus seiner Position entlassen werden.

Dem CEO stand es frei, seine Arbeitszeit zu gestalten; er legte seine Arbeitszeit selbst fest, ohne eine vorgegebene Stundenzahl arbeiten zu müssen, und plante seine Ferienzeiten oder Geschäftsreisen frei. Er war zudem nicht verpflichtet, seine Tätigkeit an einem bestimmten Ort auszuüben. Der Hauptsitz des Unternehmens (Arbeitgeberin) befand sich in seinem Haus (im Haus des CEO).

Der Mitaktionär (und Investor) hatte sodann kein Weisungsrecht ausgeübt. Zwar war es nach dem angefochtenen Urteil war es unbestreitbar, dass die CEO in einem Verhältnis der wirtschaftlichen Abhängigkeit des alleinigen Investors, stand, aber dieses Verhältnis war nur ein sekundäres Kriterium, das nicht ausreichte, um ein Unterordnungsverhältnis aufrechtzuerhalten.

 

Begründung des Bundesgerichts

Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass kein Arbeitsvertrag vorliegen würde. Dies aus den nachfolgenden Gründen:

Die rechtliche Qualifikation eines Vertrages ist eine Rechtsfrage (BGE 131 III 217, Erwägung 3, S. 219). Das Gericht bestimmt die Art der Vereinbarung frei auf der Grundlage der objektiven Vertragsgestaltung, ohne an die gleiche einheitliche Qualifikation der Parteien gebunden zu sein (BGE 129 III 664 Erwägung 3.1, S. 667; BGE 84 II 493, Erwägung 2, S. 496).

Im Rahmen des individuellen Arbeitsvertrages verpflichtet sich der Arbeitnehmer, für den Arbeitgeber und den Arbeitgeber auf unbestimmte Zeit zu arbeiten, um ein auf der Grundlage der geleisteten Zeit oder Arbeit festgelegtes Gehalt zu zahlen (Art. 319 Abs. 1 OR). Die charakteristischen Elemente dieses Vertrages sind die Leistung von Arbeit, ein Unterordnungsverhältnis, das Element der Dauer und des Entgelts (BGer 4A_10/2017, Erw. 3.1; BGer 4A_200/2015 vom 3. September 2015, Erwägung 4.2.1 und BGer 4P.337/2005 vom 21. März 2006, Erwägung 3.3.2).

Der Arbeitsvertrag unterscheidet sich vor allem von anderen Dienstleistungsverträgen, insbesondere dem Mandat, durch das Bestehen eines Unterordnungsverhältnisses (BGE 125 III 78 Erwägung 4, S. 81; BGE 112 II 41 Erwägung 1a/aaa, S. 46 und Erwägung 1a/bb in fine, S. 47), die den Arbeitnehmer in eine gewisse Abhängigkeit vom Arbeitgeber aus persönlicher, organisatorischer und zeitlicher sowie bis zu einem gewissen Grad aus wirtschaftlicher Sicht stellt. Der Arbeitnehmer unterliegt der Aufsicht, den Anordnungen und Anweisungen des Arbeitgebers; er ist in die Arbeitsorganisation anderer integriert und erhält einen bestimmten Platz in ihr (BGer 4A_10/2017, Erwägung 3.1).

Formale Kriterien wie der Titel des Vertrages, die Erklärungen der Parteien oder Sozialversicherungsabzüge sind nicht entscheidend. Vielmehr ist es notwendig, wesentliche Kriterien zu berücksichtigen, die sich auf die Art und Weise beziehen, wie der Grad der Freiheit bei der Organisation von Arbeit und Zeit, das Bestehen oder Nichtbestehen einer Berichtspflicht über die Tätigkeit und/oder die Befolgung von Anweisungen oder die Identifizierung der Partei, die das wirtschaftliche Risiko trägt (BGer 2C_714/2010 vom 14. Dezember 2010, Erwägung 3.4.2). Grundsätzlich zeigen Weisungen, die sich nicht auf einfache allgemeine Weisungen zur Durchführung der Aufgabe beschränken, sondern den Zweck und die Organisation der Arbeit beeinflussen und ein Kontrollrecht des Berechtigten begründen, das Bestehen eines Arbeitsvertrags und nicht eines Auftrags (Mandats) (vgl. BGer 4C.216/1994 vom 21. März 1995, Erwägung 1a; PHILIPPE CARRUZZZO, Le contrat individuel de travail, 2009, Nr. 4 ad Art. 319 CO S. 3 s.).

 

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Autor: Nicolas Facincani