Der Gesetzgeber gewährt dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, in einem bestimmten Rahmen eine Probezeit zu vereinbaren, in der sich die Parteien besser kennenlernen und gegebenenfalls die langfristig angedachte Beziehung schnell und einfach beenden können. Die Probezeit ist aber vom Praktikum, einem befristeten Arbeitsverhältnis zu unterscheiden.

 

Gesetzliche Regelung

Nach Art. 335b Obligationenrecht (OR) gilt der erste Monat eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Probezeit, falls die Parteien nichts oder nichts Anderes vereinbart haben. Ohne anderweitige Abmachung kann der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis daher im ersten Monat ab Stellenantritt jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Kalendertagen kündigen, dies auf jeden Wochentag.

 

Anpassungsmöglichkeiten der Probezeit

Die Vertragsparteien können auf die Probezeit ganz verzichten oder sie verkürzen, wenn sie das so vereinbaren. Auf der anderen Seite kann die Probezeit auf maximal drei Monate verlängert werden, wobei dies schriftlich vereinbart werden muss. Eine Anpassung ist auch durch Vereinbarung in einem anwendbaren Gesamt- oder Normalarbeitsvertrag möglich. Eine freiwillige Verlängerung der Probezeit über drei Monate hinaus ist nicht möglich. Allerdings verlängert sich die Probezeit, auch über die drei Monate hinaus, automatisch um die Dauer der Arbeitsverhinderung bei Krankheit, Unfall und Erfüllung einer nicht freiwillig übernommenen, gesetzlichen Pflicht (z.B. Militär-, Zivil- oder Schutzdienst; nicht aber Schwangerschaft, Ferien oder unbezahlter Urlaub).

Der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer können innerhalb der Probezeit durch Abmachung vollständig über die Kündigungsfrist disponieren. Sie kann sogar ganz wegbedungen werden, womit das Arbeitsverhältnis unmittelbar mit dem Eintreffen der Kündigung beim Empfänger endet. Daneben sind die Parteien zudem frei, einen Kündigungstermin zu vereinbaren.

 

Teilzeit- und periodische Arbeit

Unabhängig vom Arbeitspensum des Arbeitnehmers ist die (freiwillige) Verlängerung der Probezeit über die maximale Dauer von drei Kalendermonaten nicht möglich, selbst wenn objektiv betrachtet dieser Zeitraum nicht ausreichen würde, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer genügend kennenlernen können. Damit kann auch bei Teilzeit- und periodischer Arbeit maximal eine Probezeitperiode von drei Kalendermonaten vereinbart werden. Arbeitet jemand also zu einem 50% Pensum, so darf die Probezeit nicht 6 Monate dauern.

 

Regelung bei befristeten Verträgen

Das Gesetz sieht nur für unbefristete Arbeitsverhältnisse eine Probezeit vor. Es braucht in diesem Fällen keine vertragliche Regelung, damit eine Probezeit gilt. Es gilt ohne vertragliche Regelung die gesetzliche Regelung von Art. 335b OR. Die gesetzliche Regelung von Art. 335b OR kommt nur bei unbefristeten Arbeitsverhältnissen zur Anwendung. Bei befristeten Arbeitsverträgen muss eine Probezeit ausdrücklich vereinbart werden. Ist hierzu nichts abgemacht worden, entfällt eine Probezeit. Wird nur eine Probezeit vereinbart, jedoch nichts über deren Dauer und die Kündigungsfristen ausgesagt, so wird vermutet, dass die Regelung von Art. 335b OR gelten soll.

Zum Teil wird die Meinung vertreten, dass bei befristeten Arbeitsverträgen die Dauer der Probezeit sodann maximal zwei Drittel der Dauer des Arbeitsverhältnisses betragen darf bzw. die Dauer der Probezeit klar kürzer als die Befristung des Arbeitsverhältnisses sein muss, ansonsten die Probezeit missbräuchlich sein soll.

 

Regelung beim Lehrvertrag

Im Falle eines Lehrvertrages ist die Probezeit zwingend. Sie kann nicht wegbedungen oder gekürzt werden. Sie darf nicht weniger als ein Monat sein. Die maximale Frist von drei Monaten entspricht der üblichen Regelung, wobei die Probezeit vor ihrem Ablauf und mit Zustimmung der kantonalen Behörde ausnahmsweise bis auf sechs Monate verlängert werden kann (Art. 344a Abs. 4 OR). Falls die Probezeit nicht vertraglich festgelegt wird, gilt eine Dauer von drei Monaten (Art. 344a Abs. 3 OR).

 

Probezeitkündigung während der Sperrfristen und missbräuchliche Kündigung

Während der Probezeit kommen die Sperrfristen von Art. 336c OR nicht zur Anwendung. Eine Kündigung ist also selbst bei Militärdienst, Krankheit, Schwangerschaft, Niederkunft usw. grundsätzlich zulässig. Allerdings darf auch die Kündigung in der Probezeit nicht missbräuchlich sein (Art. 336 OR). Es darf also nicht einer Schwangeren wegen der Schwangerschaft gekündigt werden. Der Schutz vor missbräuchlicher Kündigung nach Art. 336 OR besteht unabhängig von einer Probezeit bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags. Allerdings auferlegen sich die Gerichte nicht selten mit Blick auf den Zweck der Probezeit eine gewisse Zurückhaltung bei der Annahme von Missbräuchlichkeitstatbeständen bei der Kündigung in der Probezeit. Das muss im Speziellen auch dort gelten, wo nach einem Konfliktausbruch der Arbeitgeber nicht alle zumutbaren Massnahmen zur Entschärfung des Konflikts ergreift, sondern stattdessen (allenfalls verfrüht) zur Kündigung schreitet, etwa weil sich ein Mitarbeiter nicht in ein Team eingliedern lässt. Im Falle einer missbräuchlichen Kündigung während der Probezeit hat die Einsprache (Art. 336b OR) bis Ende der Kündigungsfrist zu erfolgen.

 

Zeitpunkt der Kündigung

Damit eine Kündigung noch als in der Probezeit ausgesprochen gilt, muss sie bis am letzten Tag der Probezeit beim Adressaten eintreffen. Es ist also nicht etwa das Versanddatum entscheidend. Damit ist auch gesagt, dass die Kündigungsfrist nach der Probezeit ablaufen kann. Doch wann Ende die Probezeit genau? Das Bundesgericht hat zwei diesbezügliche Entscheidungen erlassen:

 

Entscheid 4A_3/2017 vom 15. Februar 2018

Im Entscheid 4A_3/2017 vom 15. Februar 2018 hatte sich das Bundesgericht mit der Frage des Endes der Probezeit zu befassen, bzw. wann die Probezeit konkret als beendet gilt. Im konkreten Fall war der Sachverhalt so gelagert, dass die Parteien (i) keinen schriftlichen Arbeitsvertrag abgeschlossen hatten und (ii) den mündlichen Arbeitsvertrag erst am Tag des Stellenantritts vereinbart hatten. Die Stelle wurde am 15. Juli 2015 angetreten. Es stellte sich die Frage, wann die Probezeit von 1 Monat fertig ist.

Das Bundesgericht führte im Zusammenhang mit dem Beginn und Ende der Probezeit das Folgende aus:

  • Beginn der Probezeit: «Die Probezeit nach Art. 335b Abs. 1 OR beginnt grundsätzlich am Tag des Stellenantritts».
  • Tatsächlicher Stellenantritt: «Massgebend ist dabei der tatsächliche und nicht der vereinbarte Stellenantritt. Zu entscheiden ist, ob der Tag des Stellenantritts bei der Berechnung der Probezeit mitzuzählen ist oder nicht».
  • 77 OR: Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR bestimmt Folgendes: «Soll die Erfüllung einer Verbindlichkeit oder eine andere Rechtshandlung mit dem Ablaufe einer bestimmten Frist nach Abschluss des Vertrags erfolgen, so fällt ihr Zeitpunkt, „wenn die Frist nach Monaten oder einem mehrere Monate umfassenden Zeitraume (Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr) bestimmt ist, auf denjenigen Tag des letzten Monates, der durch seine Zahl dem Tage des Vertragsabschlusses entspricht, und, wenn dieser Tag in dem letzten Monate fehlt, auf den letzten Tag dieses Monates“. Die Bestimmung stellt sicher, dass dem Leistenden ein voller Monat respektive ein voller mehrere Monate umfassender Zeitraum zur Erfüllung einer Verbindlichkeit beziehungsweise zur Vornahme einer Rechtshandlung zur Verfügung steht. Da ihm nur ein Bruchteil des Tags des fristauslösenden Zeitpunkts verbleibt, wird dieser Tag zu seinem Schutz nicht mitgezählt. Für den Beginn der Frist stellt Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR auf den Tag „des Vertragsabschlusses“ ab. Art. 77 Abs. 2 OR präzisiert, dass die Frist in gleicher Weise auch dann berechnet wird, „wenn sie nicht von dem Tage des Vertragsschlusses, sondern von einem andern Zeitpunkte an zu laufen hat.“
  • Zählung der Tage: «Wird der Arbeitsvertrag am Tag abgeschlossen, in dessen Verlauf auch noch der Stellenantritt erfolgt, steht dieser Tag nicht voll zur Verfügung. Er wird daher entsprechend dem Prinzip der Zivilkomputation nicht mitgezählt. Art. 77 Abs. 1 Ziff. 3 OR ist ohne Weiteres anwendbar.
  • Somit hätte hier die Probezeit am 15. August 2015 geendet (im konkreten Fall hatte sich die Probezeit aufgrund einer Krankheit von 1 Tag verlängert. Das Ende der Probezeit war damit am 16. August 2015).»

Das Bundesgericht beantwortete hier die Frage nicht, wie das Ende der Probezeit zu bestimmen gewesen wäre, wenn der Arbeitsvertrag bereits vor Stellenantritt vereinbart worden wäre, verwies aber auf den Entscheid des Bundesgerichts 4C.45/2004 vom 31. März 2004.

 

Entscheid 4C.45/2004 des Bundesgerichts

Im Entscheid des Bundesgerichts 4C.45/2004 vom 31. März 2004 hatte sich das Bundesgericht ebenfalls mit der Bestimmung des Enddatum der Probezeit auseinanderzusetzen. Anders als im vorher besprochenen Entscheid wurde hier aber der Arbeitsvertrag bereits zuvor abgeschlossen. Der Stellenantritt erfolgte am 6. August 2001. Das Bundesgericht hielt für diesen Fall fest, dass die Probezeit am 5. September 2001 endet. Der Tag des Stellenantritts wurde hier also mitgezählt.

Aufgrund des Verweises auf den Entscheid des Bundesgerichts 4C.45/2004 vom 31. März 2004  im Entscheid 4A_3/2017 vom 15. Februar 2018 kann davon ausgegangen werden, dass dieser weiterhin seine Gültigkeit hat. Es kann also wohl davon ausgegangen werden, dass die Regel weiterhin gilt, dass wenn der Arbeitsantritt am 1. des Monats erfolgt, die Probezeit am letzten Tag des entsprechenden Monates endet.

 

Autor: Nicolas Facincani