Der Arbeitgeber ist verpflichtet, dem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen ein Zwischenzeugnis und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisse ein Schlusszeugnis auszustellen (Art. 330a Abs. 1 OR). Der Arbeitnehmer kann gegen den Arbeitgeber auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses klagen, also eine sogenannte Leistungsklage (Erfüllungsklage) anstrengen.

In der Praxis ist immer wieder strittig, wie genau vorzugehen  bei einer Klage auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses  ist (prozessuales Vorgehen).

Es sind insbesondere 2 Varianten der Erfüllungsklage möglich:

 

Variante 1

Klage auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses und dann, sofern der Wortlaut strittig ist, auf Abänderung des Arbeitszeugnisses.

Mögliches Rechtsbegehren (ohne Gewähr):

„Die Beklagte sei, unter Androhung der Ungehorsamsstrafe nach Art. 292 StGB gegen ihre Organe zu verpflichten, dem Kläger innert zehn Tagen auf ihrem Briefpapier ein Arbeitszeugnis (Vollzeugnis) aus- und zuzustellen.“

Im Anschluss wäre dann eine Berichtigungsklage zu erheben, sofern der Zeugnisinhalt nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

 

Variante 2

Klage auf Ausstellung eines Arbeitszeugnisses mit konkretem Wortlaut (auch hier ist wieder strittig, ob der Wortlaut in das Rechtsbegehren aufzunehmen ist oder ob eine Beilage verwiesen werden kann.

Mögliches Rechtsbegehren (ohne Gewähr):

„Die Beklagte sei unter Androhung der Ungehorsamsstrafe nach Art. 292 StGB gegen ihre Organe zu verpflichten, dem Kläger innert zehn Tagen auf ihrem Briefpapier ein Arbeitszeugnis (Vollzeugnis) mit folgendem Wortlaut aus- und zuzustellen: [Wortlaut Vorschlag].“

 

Bundesgericht zur Erfüllungsklage

Das Bundesgericht scheint ein zweistufiges Vorgehen zu verlangen (BGE 129 III 177 E.3.3.), wobei sich das Bundesgericht in diesem Entscheid nicht mit den beiden Varianten auseinandersetzt.

Zitat des Bundesgerichts:

Der Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses ist mit einer Leistungsklage auf Ausstellung eines Zeugnisses durchsetzbar (STAEHELIN, a.a.O., N. 19 zu Art. 330a OR; REHBINDER, a.a.O., N. 20 zu Art. 330a OR). Ist der Kläger nach Erhalt des Vollzeugnisses der Auffassung, dessen Inhalt sei unrichtig oder unvollständig, kann er beim zuständigen Gericht eine Berichtigungsklage erheben (REHBINDER, a.a.O., N. 21 zu Art. 330a OR; BRUNNER/BÜHLER/WAEBER, a.a.O., N. 5 zu Art. 330a OR; BRÜHWILER, a.a.O., N. 4 zu Art. 330a OR; STREIFF/VON KAENEL, a.a.O., N. 5 zu Art. 330a OR) oder aber die Beklagte auffordern, ihm eine Arbeitsbestätigung im Sinne von Art. 330a Abs. 2 OR auszustellen, die sich nur über die Art und die Dauer der Anstellung ausspricht.

Die Auffassung des Bundesgerichts wird mehrheitlich abgelehnt und in Praxis in der Regel nicht befolgt.

 

Obergericht des Kantons Zürich zur Erfüllungsklage

Das Obergericht hat im Entscheid LA180028 vom 3. Dezember 2018  zu dieser Frage Stellung bezogen und räumt dem Arbeitnehmer das Recht zu einem einstufigen Vorgehen (Erfüllungsklage mit konkretem Zeugnistext) ein:

Zitat des Obergerichts:

Gemäss Art. 330a OR kann der Arbeitnehmer jederzeit vom Arbeitgeber ein Zeugnis verlangen, das sich über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses sowie über seine Leistungen und sein Verhalten ausspricht (Abs. 1). Auf besonderes Verlangen des Arbeitnehmers hat sich das Zeugnis auf Angaben über die Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses zu beschränken (Abs. 2). Der Anspruch auf Ausstellung eines Zeugnisses ist mit einer entsprechenden Leistungsklage durchsetzbar (BGE 129 III 177 E. 3.2 und 3.3). Dabei ist dem Arbeitnehmer zur Vermeidung eines allfälligen Folgeprozesses betreffend Berichtigung das Recht einzuräumen, bereits die Erfüllungsklage mit einem konkreten Zeugnistext zu verknüpfen.

 

Gegenpartei im Konkurs

Der Arbeitgeber, welcher in Konkurs gefallen ist bleibt weiterhin zur Zeugnisausstellung verpflichtet, da seine hierzu erforderliche Handlungsvollmacht trotz Konkurs bestehen bleibt (AGer ZH Entscheide 2006 Nr. 17). Erst wenn die Konkursverwaltung in den Arbeitsvertrag eintritt, geht die Zeugnispflicht auf sie über.

Unter gewissen Umständen ist ein bereits ausgestelltes Arbeitszeugnis wieder zurückzugeben.

 

Autor: Nicolas Facincani