Das GlG verbietet jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Erwerbsleben. Das Verbot erstreckt sich auf das gesamte Arbeitsverhältnis (insbesondere auf die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung) und bezieht sich auf direkte und indirekte Diskriminierungen.
Diskriminierende Kündigungen sind solche, die in Verletzung von Art. 3 (Kündigungen, die direkt oder indirekt eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts etc. darstellen (namentlich unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft)) und/oder Art. 4 GlG (Kündigungen, die ein Druckmittel zur Erlangung eines Entgegenkommens sexueller Art (GlG 4) darstellen) ergehen.
Direkt diskriminierend ist etwa die Kündigung einer Arbeitnehmerin aufgrund ihrer Schwangerschaft oder aufgrund der Muttersschaft. Eine – nicht sofort ersichtliche – indirekte Diskriminierung liegt vor, wenn eine Regelung geschlechtsneutral abgefasst ist, in ihren Wirkungen aber das eine Geschlecht erheblich benachteiligt. Ein Beispiel für eine indirekte Diskriminierung kann etwa der Entscheid einer Arbeitgeberin darstellen, im Rahmen einer Massenentlassung primär Teilzeitangestellten zu kündigen (siehe hierzu auch den Beitrag betreffend Indirekte Diskriminierungen).
Beweislasterleichterung
Art. 6 des Gleichstellungsgesetzes bestimmt, dass bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung eine Diskriminierung vermutet wird, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird. Das bedeutet nicht, dass reine Behauptungen genügen. Auch bei Beweislasterleichterung müssen Tatsachen angeführt werden, die eine Diskriminierung als wahrscheinlich erscheinen lassen.
Pönalzahlung
Diskriminierende Kündigungen, d.h. Kündigungen, die gegen das Diskriminierungsverbot in Art. 3 des Gleichstellungsgesetzes (GlG) verstossen, stellen Anwendungsfälle von Art. 336 Abs. 1 lit. a OR dar (siehe hiezu den Beitrag betreffend die missbräuchliche Entlassung). Der/die Arbeitnehmende wird wegen einer Eigenschaft, die ihm/ihr kraft seiner/ihrer Persönlichkeit zusteht, entlassen – zu den Diskriminierungen siehe den entsprechenden Beitrag. Wie bei der Anstellungsdiskriminierung kann der verletzte Arbeitnehmende im Falle einer diskriminierenden Kündigung gestützt auf Art. 5 Abs. 2 und 4 GlG nur finanzielle Ansprüche geltend machen. Insbesondere kann der Verletzte nicht verlangen, im Sinne einer Beseitigung der Diskriminierung (vgl. Art. 5 Abs. 1 lit. b GlG) die Kündigung aufzuheben bzw. eine Wiedereinstellung zu erzwingen (siehe hierzu etwa die Ausnahme in Beitrag betreffend Pönalzahlung).
Die Entschädigungszahlung wird auf der Grundlage des tatsächlichen Lohnes berechnet (vgl. Abs. 2) und darf den Betrag nicht übersteigen, der sechs Monatslöhnen entspricht (vgl. Abs. 4). Die Entschädigung wird aufgrund des Bruttolohnes ohne Sozialabzüge errechnet und als Nettobetrag zugesprochen. Zum Bruttolohn gehören sämtliche Bestandteile mit Lohncharakter wie Provisionen, ein 13. Monatslohn, Anteile am Geschäftsergebnis sowie unechte Spesenpauschalen und Gratifikationen, soweit ein Anspruch darauf besteht (siehe den Beitrag betreffend die Höhe der Entschädigung bei missbräuchlicher Kündigung).
BGer 4A_59/2019 vom 12. Mai 2019
Im Entscheid 4A_59/2019 vom 12. Mai 2019 hatte sich das Bundesgericht mit der Frage zu befassen, ob einer Kommunikationschefin nach deren Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub diskriminierend gekündigt wurde oder nicht.
Gemäss Bundegericht machte die Arbeitnehmerin eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts wahrscheinlich. Ihre Entlassung, die ihr mitgeteilt wurde, sobald sie aus dem Mutterschaftsurlaub zurückgekehrt war, sei ein Indiz dafür, unterstützt durch die Tatsache, dass der Vorgesetzte der Ansicht war, die Mitarbeiterin könne keine Kinder kriegen. Die grosse Überraschung über die Ankündigung der Schwangerschaft wurde auch eingestanden hatte. Dieser Punkt war unumstritten. Es war daher Sache des Arbeitgebers, den strikten Nachweis für den nicht diskriminierenden Charakter der Beendigung des Arbeitsvertrags zu erbringen. Gemäss den Gerichten konnte dieser Nachweis nicht erbracht werden. Der Arbeitgeber konnte keine nicht-diskriminierenden Motive nachweisen. Daher galt die diskriminierende Kündigung als erstellt und der Arbeitgeber wurde verpflichtet, drei Monatslöhne als Entschädigung zu bezahlen.
Allgemeine Ausführungen des Bundesgerichts zum Gleichstellungsgesetz
Das Bundesgericht machte im Entscheid 4A_59/2019 vom 12. Mai 2019 noch verschiedene allgemeine Ausführungen zum Gleichstellungsgesetz:
Weitere Beiträge zur Gleichstellung der Geschlechter:
- Diskriminierende Kündigungen vs. Rachekündigung nach GlG
- Gleichstellungsgesetz auch für Homo- und Transsexuelle?
- Verbandsklagen gemäss Gleichstellungsgesetz
- Überblick über das Gleichstellungsgesetz
- Keine Mitteilungspflicht der Schwangerschaft
- Anfechtung der Kündigung – Wiedereinstellung
- Verbotene Lohndiskriminierung bei der Armee?
- Witze als sexuelle Belästigung?
- Bonuskürzung bei Mutterschaft?
- Fristlose Entlassung wegen sexueller Belästigung
- Jetzt kommt die Lohnanalyse!
- Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz
- Fragen und Antworten im Bewerbungsverfahren
- Geltendmachung einer missbräuchlichen Kündigung
- Gleichheit der Geschlechter in der Geschäftsleitung und im Verwaltungsrat
- Gekündigt? Was kann man da machen?
- Arbeitsrechtliche Schutzvorschriften gegen sexuelle Belästigung
- Diskriminierung: Mann in Frauenberuf gegenüber Männerberufen diskriminiert?
- Lohngleichheitsanalyse
- Indirekte Diskriminierungen
- Pönalzahlungen bei diskriminierenden Kündigungen
- Gerichtsverfahren nach dem Gleichstellungsgesetz
Autor: Nicolas Facincani