Grundsätzlich darf ein Arbeitnehmer parallel zu den Verpflichtungen im Arbeitsvertrag eine Nebentätigkeit, auch bezahlte, ausüben. Ein Verbot der entgeltlichen Arbeit ausserhalb des Arbeitsverhältnisses besteht nur, wenn dadurch die Treuepflicht gegenüber dem Arbeitgeber verletzt wird (Art. 321a Abs. 1 und Abs. 3). Der wichtigste und im Gesetz explizite Anwendungsfall hiervon ist die entgeltliche Konkurrenzierung des Arbeitgebers (sog. Schwarzarbeit). Bei den Regelungen gemäss Art. 321a Abs. 1 und Abs. 3 OR handelt es sich dispositive Bestimmungen; d.h. die Parteien können abweichende Regelungen vereinbaren. Insbesondere können die Parteien, im Rahmen des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers, auch zuungunsten des Arbeitnehmers Regelungen treffend und jede Nebentätigkeit verbieten. Zum Teil sind Nebentätigkeiten mit einer expliziten Mitteilungspflicht oder Bewilligungspflicht verbunden.

Sind Nebentätigkeiten an eine Bewilligung des Arbeitgebers geknüpft, so stellt sich zwangsläufig auch die Frage nach einem möglichen Widerruf der Bewilligung. Hierzu gibt es hierzu im Obligationenrecht keine explizite Regelung. Kürzlich hat das Bundesverwaltungsgericht einen Entscheid gefällt, dessen Überlegungen auch für privatrechtliche Arbeitsverhältnisse Beachtung finden könnten, wobei in aber stets die konkreten Umstände des Einzelfalls, insbesondere auch die vertraglichen Regelungen und der Bewilligungsentscheid zu beachten sind.

 

Entscheid A-5065/2016 vom 12. Dezember 2016 des Bundesverwaltungsgerichts

Das Bundesveraltungsgericht hatte sich im Entscheid A-5065/2016 vom 12. Dezember 2016 im Rahmen eines öffentlichen-rechtlichen Arbeitsverhältnisses nach dem Bundespersonalgesetz mit der Zulässigkeit eines Widerrufs eine Bewilligung einer Nebentätigkeit auseinanderzusetzen.

Einem Arbeitnehmer wurde dessen Nebentätigkeit als Dozent (auch während der Arbeitszeit) bewilligt. Das Pensum betrug in etwa 10%. Die Bewilligung wurde ein Jahr später erneuert. Wieder ein Jahr später wurde vom Arbeitgeber unter anderem verlangt, seine Dozententätigkeit ausserhalb der BAV-Geschäftszeiten anzusetzen oder zu reduzieren bzw. darauf zu verzichten.

Die Ausübung eines öffentlichen Amtes oder einer Tätigkeit ausserhalb des Arbeitsverhältnisses mit dem Bund bedarf einer Bewilligung der Arbeitgeberin, wenn sie den betroffenen Angestellten in einem Umfang beansprucht, der die Leistungsfähigkeit im Arbeitsverhältnis mit dem Bund vermindern kann oder wenn aufgrund der Art der Tätigkeit die Gefahr eines Konfliktes mit den dienstlichen Interessen besteht (Art. 91 Abs. 1 und 2 der Bundespersonalverordnung (BPV). Unstrittig war, dass es sich bei der Dozententätigkeit des Arbeitnehmers um eines solche bewilligungspflichtige Tätigkeit handelt.

Das Bundesverwaltungsgericht schützte in der Folge den Entscheid des Arbeitgebers, dies aus den nachfolgenden Gründen:

  • Die Ausübung einer Nebenbeschäftigung soll den betroffenen Arbeitnehmer auf jeden Fall nur in einem Umfang beanspruchen, der seine Leistungsfähigkeit im Arbeitsverhältnis mit dem Bund nicht beeinträchtigt. In BVGE 2014/33 (E. 7.3) ging das Bundesverwaltungsgericht konkludent davon aus, dass die Bewilligung einer Nebenbeschäftigung ohne Weiteres bereits dann verweigert werden darf, wenn sie aufgrund der zeitlichen Beanspruchung des Angestellten dessen Leistungsfähigkeit im Arbeitsverhältnis mit dem Bund vermindern kann.
  • In begründeten Fällen muss eine Bewilligung bereits dann verweigert werden dürfen, wenn die Nebenbeschäftigung die Leistungsfähigkeit in der Tätigkeit für den Bund beeinträchtigen kann, da eine Bewilligung in der Regel im Voraus erteilt wird und zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht klar ist, inwieweit die Nebenbeschäftigung tatsächlich leistungsvermindernd wirkt.
  • Eine ursprünglich bewilligte Nebenbeschäftigung bzw. deren Fortführung darf jedenfalls dann untersagt werden, wenn sich während ihrer Ausübung wider Erwarten zeigt, dass die Nebenbeschäftigung die Haupttätigkeit beeinträchtigt. Ferner muss die Weiterführung einer bisher unproblematischen Nebenbeschäftigung untersagt werden dürfen, falls sie – etwa infolge veränderter Rahmenbedingungen – inskünftig die Leistungsfähigkeit in der Tätigkeit beim Bund zu vermindern droht.
  • Eine solche Arbeitsbelastung aus einer Nebenbeschäftigung dürfte regelmässig (noch) mit einer 100%-igen Haupttätigkeit vereinbar sein, das heisst die Leistungsfähigkeit nicht herabsetzen. Allerdings nimmt sie bereits ein Ausmass an, bei welchem eine Verminderung der Leistungsfähigkeit in der Haupttätigkeit droht. Nachfolgend ist zu prüfen, ob Gründe vorliegen, welche den Widerruf der Bewilligung der Dozententätigkeit durch die Vorinstanz als unzulässig erscheinen lassen.
  • Aus dem Umstand, dass die Vorinstanz seine Nebenbeschäftigung während eineinhalb Jahren tolerierte und anfänglich als mit seiner Haupttätigkeit vereinbar ansah, kann der Arbeitnehmer nichts zu seinen Gunsten ableiten. Es ist vielmehr nachvollziehbar, dass die Vorinstanz zuerst während eines längeren, aussagekräftigen Zeitraums zuwartete um zu ermitteln, wie sich die Dozententätigkeit des Beschwerdeführers auf seine Haupttätigkeit auswirkt. Dies umso mehr, als dieser noch im August 2015 die jährliche Anzahl Lektionen auf 68-136 bezifferte und deshalb die Vorinstanz den effektiven Aufwand für die Nebenbeschäftigung nur schwer abschätzen konnte. Ebenso wenig kann der Vorinstanz zum Vorwurf gemacht werden, dass sie die Nebenbeschäftigung nicht bereits bei den ersten negativen Folgen derselben untersagte, sondern vorerst noch zuwartete und die Bewilligung erst widerrief, als sich auch nach längerer Zeit keine Verbesserung einstellte bzw. abzeichnete. Dieses Vorgehen war vielmehr umsichtig und verhältnismässig.
  • Die Parteien haben weitere Massnahmen getroffen, um die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers zu steigern. So wurde das Arbeitszeitmodell gewechselt, die Telearbeit eingeschränkt bzw. untersagt und der Beschwerdeführer kündigte an, seine Nebenbeschäftigung in die Abendstunden zu verlegen. Diese Massnahmen sind grundsätzlich durchaus geeignet, die Leistungsfähigkeit des Beschwerdeführers zu verbessern. Primär soll dadurch aber offensichtlich erreicht werden, dass die Präsenzzeit des Beschwerdeführers am Arbeitsplatz erhöht und insbesondere während der Geschäftszeiten der Vorinstanz gewährleistet ist. Diesem Anliegen kommt der Beschwerdeführer nach, wenn er seine Nebentätigkeit in den Abendstunden und am Wochenende ausübt. Gleichzeitig reduziert sich dadurch aber seine Erholungszeit ausserhalb der (Haupt-)Arbeitszeit, was wiederum die Gefahr einer Leistungsverminderung birgt. Ohnehin vermag allein eine erhöhte Präsenz am Arbeitsplatz nicht sicherzustellen, dass sich die Leistungsfähigkeit verbessert.
  • Es ist beabsichtigt, zeitnah die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers in seiner Tätigkeit für den Bund zu steigern bzw. eine Verbesserung seiner Arbeitsergebnisse herbeizuführen. Aus diesem Grund kam das Bundesverwaltungsgericht zum Schluss, dass der Arbeitgeber sein Ermessen nicht überschritten habe.

 

Weitere Beiträge zur Treuepflicht des Arbeitnehmers (Auswahl)

 

Autor: Nicolas Facincani