Gemäss Art. 20 Abs. 2 des Arbeitsvermittlungsgesetzes (AVG) gilt im Rahmen des Personalverleihs, dass das im allgemein verbindlich erklärten GAV (und für den konkreten Fall anwendbare GAV) zur Kontrolle vorgesehene paritätische Organ zur Kontrolle des Verleihers berechtigt ist.

 

Konsequenzen  bei Verstössen

Bei nicht geringfügigen Verstössen muss es dem kantonalen Arbeitsamt Meldung erstatten und kann dem fehlbaren Verleiher: (a) nach Massgabe des Gesamtarbeitsvertrages eine Konventionalstrafe aufer­legen und (b) die Kontrollkosten ganz oder teilweise auferlegen.

 

Obergericht Zürich: Urteil OG ZH NP200016‑O vom 18. September 2020

In einem vom Züricher Obergericht zu beurteilenden Fall (die Branche und der anwendbare GAV sind nicht bekannt) hatte eine paritätische Landeskommission die vorgenannten Massnahmen ergriffen (Konventionalstrafe und Auflage der Kosten), nachdem sie bei einem Personalverleiher eine Lohnbuchkontrolle durchführen liess. Der Personalverleiher wurde auf Grund der Ergebnisse der Kontrollen zu Lohnnachzahlungen verpflichtet. Weiter machte die paritätische Landeskommission eine Konventionalstrafe und die Verfahrens- und Kontrollkosten geltend, welche der Personalverleiher bezahlen sollte.

Der Personalverleiher weigerte sich, weshalb die paritätische Landeskommission das Gericht anrief. Dort machte sie geltend, der Personalverleiher habe die Bestimmungen des GAV verletzt, indem er einen Mitarbeiter bei der Festlegung des Lohnes zu tief eingestuft habe, obwohl er im Lebenslauf berufliche Erfahrungsjahre angegeben habe. Allerdings, hat der fragliche Mitarbeiter es wohl unterlassen, einschlägige Dokumente vorzulegen, welche seine Erfahrungsjahre belegt hätten.

 

Entscheid erstinstanzliches Gericht

Das erstinstanzliche Gericht schloss, dass die Frage, ob der Personalverleiher zur Zahlung von Konventionalstrafe und zur Übernahme der Kontrollkosten verpflichtet werden könne, sich nach Art. 20 Abs. 2 AVG und nicht nach den Bestimmungen des jeweiligen Branchen-GAV richte. Zudem hielt es fest, dass einem Kontrollbericht kein erhöhter Beweiswert zu komme und blosse Behauptungen des Arbeitnehmers in dessen Lebenslauf nicht für den Nachweis genügten, dass aufgrund von Berufserfahrung eine höhere Lohneinstufung gerechtfertigt sei. Zudem würde nur ein geringfügiger Verstoss vorliegen, wenn man die Differenz zwischen Ist-Lohn und dem strittigen Soll-Lohn mit der Gesamtlohnsumme des Personalverleihers vergleiche. Mit anderen Worten, wies das erstinstanzliche Gericht die Klage der paritätischen Landeskommission ab.

 

Entscheid Obergericht Zürich

Auch das mit der gleichen Frage betraute Berufungsgericht heilt noch einmal fest, dass einem fehlbaren Personalverleiher nur im Falle nicht mehr geringfügiger Verstösse die Kontrollkosten und eine Konventionalstrafe auferlegt werden können und das es sich vorliegend nur um einen geringfügigen und nicht um einen gravierenden Verstoss gehandelt hatte.

Für die korrekte Interpretation des Begriffs „nicht mehr geringfügig“ im Sinn von Art. 20 Abs. 2 AVG stellen sich viele Fragen. Eine ist nun geklärt, nämlich, dass sich eine strittig Lohnsumme substantiell im Vergleich zum Gesamtbetrieb zeigen muss, damit ein Verstoss nicht mehr geringfügig sein kann.

 

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Autor: Reto Sutter