Im Entscheid BGer 4A_118/2021 vom 28. Mai 2021 hatte sich das Bundesgericht mit einem speziellen Fall der möglichen Haftung eines Arbeitgebers auseinanderzusetzen.

Konkret machte der Arbeitnehmer geltend, der Arbeitgeber habe die rechtzeitige Anmeldung bei der Krankentaggeldversicherung unterlassen, ihn nicht über den Umfang des Versicherungsschutzes informiert und somit seine Fürsorge- und Informationspflichten verletzt und sei deshalb Schadenersatzpflichtig.

Das Bundesgericht wies dies Forderung ab.

 

Sachverhalt

Dem Entscheid des Bundesgericht lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Arbeitnehmer war seit 2007 in unterschiedlichen Funktionen bei beim Arbeitgeber angestellt. Der Arbeitgeber schloss für den Arbeitnehmer eine Krankentaggeldversicherung ab.

Am 19. Dezember 2011 kündigte der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis auf den 31. Dezember 2011, wobei die Parteien im gegenseitigen Einvernehmen auf die gesetzliche Kündigungsfrist verzichteten.

Im Jahr 2017 forderte der Arbeitnehmer von der Krankentaggeldversicherung die Nachleistung von Taggeldern und machte eine Arbeitsunfähigkeit ab Mitte Dezember 2011 geltend. Die Krankentaggeldversicherung verweigerte eine Nachleistung und machte geltend, dass der Anspruch des Arbeitnehmers bereits verjährt sei.

In der Folge richtete sich die Forderung des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber.

 

Obere kantonale Instanz

Das Appellationsgericht musste insbesondere zwei Fragen klären (Entscheid des Appellationsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 29. Januar 2021 (ZB.2020.20)):

  • War der Arbeitnehmer bereits im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses krank?
  • Wurde der Arbeitnehmer über die Möglichkeiten des Übertritts in eine Einzelversicherung informiert?

 

Krankheit im Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses

In rechtlicher Hinsicht hatte das Appellationsgericht erwogen, dass ein Schadenersatzanspruch des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber voraussetze, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Leistungen aus der Kollektivkrankentaggeldversicherung gegenüber der Versicherung gehabt hätte. Dies hätte aber vorausgesetzt, dass der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 2011 arbeitsunfähig war.

Das Appellationsgericht war zum Schluss gekommen, dass eine solche Arbeitsunfähigkeit nicht bewiesen sei. Es sah keinen Anlass, die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts hinsichtlich des massgeblichen Zeitpunkts zu beanstanden, da dieses sämtliche vom Arbeitnehmer vorgelegten Arztzeugnisse und medizinischen Berichte berücksichtigt habe.

Das Appellationsgericht  hatte zudem darauf hingewiesen, dass der Beweiswert von Arztzeugnissen der freien Beweiswürdigung gemäss Art. 157 ZPO unterliege (BGE 140 III 24 E. 3.3.1.3; Urteil 4A_571/2016 vom 23. März 2017 E. 4.2). Es wurde sodann dar gelegt, dass Zweifel am Beweiswert der vom Arbeitnehmer eingereichten Arztzeugnisse bestehen würden. Zur Begründung führte das Appellationsgericht unter anderem an an, dass diese Zeugnisse entweder erst Jahre nach der behaupteten Arbeitsunfähigkeit ausgestellt wurden, sich nur vage zur Arbeitsunfähigkeit äussern würden, bloss auf ungesicherten Annahmen sowie Aussagen des Beschwerdeführers beruhen oder grundsätzliche Zweifel an der Eignung der begutachtenden Personen bestehen würden. Auch Zeugenaussagen wurden gewürdigt.

Das Appellationsgericht kam zum Schluss, dass mangels bewiesener Arbeitsunfähigkeit im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kein Anspruch auf Nachleistung gegenüber der Kollektivkrankentaggeldversicherung bestand und folglich ein Schadenersatzanspruch gegenüber der Arbeitgeberin ausser Betracht fallen würde.

 

Informationspflicht hinsichtlich Übertrittes in die Einzeltaggeldversicherung

Das Appellationsgericht verwarf auch den Vorwurf des Arbeitnehmers, der Arbeitgeber habe ihre Fürsorge– und Informationspflicht hinsichtlich Übertritt in die Einzeltaggeldversicherung verletzt. Es stellte fest, dass der Beschwerdeführer sowohl von der Krankentaggeldversicherung als auch von der Arbeitgeberin rechtzeitig über die Möglichkeit und die Voraussetzungen eines Übertritts in eine Einzeltaggeldversicherung informiert wurde.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht folgte der Auffassung der Vorinstanz und erblickte im Vorgehen nichts, was Bundesrecht widersprechen würde (BGer 4A_118/2021 vom 28. Mai 2021).

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

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