Das Gleichstellungsgesetz verbietet jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Erwerbsleben. Das Verbot erstreckt sich auf das gesamte Arbeitsverhältnis (insbesondere auf die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung) und bezieht sich auf direkte und indirekte Diskriminierungen.

Diskriminierende Kündigungen sind solche, die in Verletzung von Art. 3 (Kündigungen, die direkt oder indirekt eine Benachteiligung aufgrund des Geschlechts etc. darstellen (namentlich unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft)) und/oder Art. 4 GlG (Kündigungen, die ein Druckmittel zur Erlangung eines Entgegenkommens sexueller Art (GlG 4) darstellen) ergehen.

 

Beweislasterleichterung

Art. 6 des Gleichstellungsgesetzes bestimmt, dass bezüglich der Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung eine Diskriminierung vermutet wird, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird. Das bedeutet nicht, dass reine Behauptungen genügen. Auch bei Beweislasterleichterung müssen Tatsachen angeführt werden, die eine Diskriminierung als wahrscheinlich erscheinen lassen.

Wird die Diskriminierung vermutet, so steht dem Arbeitgeber der Beweis offen, dass die Vermutung nicht zutrifft.

Im Entscheid 4A_59/2019 vom 12. Mai 2019 hatte sich das Bundesgericht mit der Frage zu befassen, ob einer Kommunikationschefin nach deren Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub diskriminierend gekündigt worden war. Gemäss Bundesgericht war die Entlassung, die ihr mitgeteilt wurde, sobald sie aus dem Mutterschaftsurlaub zurückgekehrt war, ein Indiz für eine diskriminierende Kündigung, unterstützt durch die Tatsache, dass der Vorgesetzte der Ansicht war, die Mitarbeiterin könne keine Kinder kriegen.

 

BGer 4A_208/2021 vom 16. Juli 2021

Auch im Sachverhalt, welche dem Entscheid des Bundesgerichts BGer 4A_208/2021 vom 16. Juli 2021 zugrunde lag, wurde einer Arbeitnehmerin nach der Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub gekündigt. Die Arbeitnehmerin machte eine dikriminierende Kündigung geltend und verlangte eine Entschädigung (Pönalzahlung).

Das Bundesgericht bestätigte, dass aufgrund des zeitlichen Ablauf die Diskriminierung zu vermuten sei. Hingegen von der Vorinstanz richtig erkannt worden, dass dem Arbeitgeber der Beweis gelungen sei, dass die Kündigung aus wirtschaftlichen, nicht mit dem Geschlecht zusammenhängenden Gründen erfolgt sei:

3.2. Gemäss Art. 3 GlG dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden, namentlich nicht unter Berufung auf den Zivilstand, auf die familiäre Situation oder, bei Arbeitnehmerinnen, auf eine Schwangerschaft (Abs. 1). Das Verbot gilt insbesondere für die Entlassung (Abs. 2). Im Falle einer diskriminierenden Kündigung gibt Art. 5 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 2 GlG Anspruch auf Entschädigung. Eine Diskriminierung wird dabei vermutet, wenn sie von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird (Art. 6 GlG).  

Die Beweiserleichterung in Art. 6 GlG relativiert Art. 8 ZGB insofern, als sich die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer darauf beschränken kann, eine Diskriminierung mit objektiven Indizien glaubhaft zu machen. Gelingt dies, ist es an der Arbeitgeberin, den strikten Beweis dafür zu erbringen, dass keine Diskriminierung vorliegt. Ist eine Schwan gerschaft oder Mutterschaft als Kündigungsgrund glaubhaft gemacht, hat die Arbeitgeberin dementsprechend (mit dem Regelbeweismass der vollen Überzeugung) nachzuweisen, dass dieses geschlechtsspezifische Element keine massgebliche Rolle beim Entscheid über die Kündigung spielte. Sie kann namentlich aufzeigen, dass die Entlassung auf einem objektiven Grund basiert, der nicht im Zusammenhang mit der Schwangerschaft oder der Mutterschaft steht, wie namentlich einer Reorganisation des Unternehmens (Urteile 4A_59/2019 vom 12. Mai 2020 E. 3; 4A_395/2010 vom 25. Oktober 2010 E. 5.1 f.). 

3.3. Die Vorinstanzen erkannten, dass die Beschwerdeführerin den diskriminierenden Charakter der Kündigung glaubhaft gemacht habe. Allerdings sei der Beschwerdegegnerin der (gemäss Art. 6 GlG ihr obliegende) Beweis gelungen, dass die Kündigung aus wirtschaftlichen, nicht mit dem Geschlecht zusammenhängenden Gründen erfolgt sei: Die Umsetzung von beschlossenen Sparmassnahmen habe nämlich einzig durch den Abbau der Stelle der Beschwerdeführerin oder der Stelle ihrer Jobsharing-Partnerin C.________ realisiert werden können. Dabei sei das „Potential einer langfristigen Zusammenarbeit“ bei der Beschwerdeführerin als geringer eingeschätzt worden als bei C.________, da Erstere aufgrund eines Umzugs nach Bern einen langen Arbeitsweg zu bewältigen habe und ihrem Wunsch nach Tätigkeit im Home-Office nicht habe entsprochen werden können. Deshalb sei der Beschwerdeführerin (und nicht C.________) gekündigt worden. Die Beschwerdeführerin – so schliesst das Obergericht – habe diesen objektiven Argumenten der Beschwerdegegnerin im Übrigen nichts entgegengesetzt. Unter diesen Umständen sei erwiesen, dass die Sparmassnahmen auch zum Abbau der Arbeitsstelle der Beschwerdeführerin geführt hätten, wenn diese nicht schwanger und Mutter geworden wäre. Folglich liege keine diskriminierende Kündigung im Sinne der Art. 3 und Art. 6 GlG vor. Ein Anspruch auf Entschädigung bestehe nicht.  

3.4. Diese Argumentation ist konform mit der gesetzlichen Regelung im Gleichstellungsgesetz (Erwägung 3.2). Die Beschwerdeführerin -wiewohl sie formell eine Missachtung von Art. 3 Abs. 1 GlG rügt und einleitend ausführt, es gehe „einzig“ um eine „Rechtsfrage“ – tut denn auch nicht dar, inwiefern der angefochtene Entscheid Art. 3 oder Art. 6 GlG verletzen soll. Sie kritisiert allein die Beweiswürdigung des Obergerichts, indem sie unter Hinweis auf eine E-Mail vom 3. Oktober 2017 und Zeugenaussagen pauschal behauptet, das „ausschlaggebend[e]“ Motiv der Kündigung sei ihre Mutterschaft gewesen und ferner, der Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses sei „einzig bzw. hauptsächlich“ im Umstand zu sehen, dass sich ihr Vorgesetzter „aufgrund des Mutterschaftsurlaubs […] keinen weiteren Ausfall von Arbeitskräften in seinem Team leisten konnte oder wollte“. Dass der vorinstanzliche Schluss, die Kündigung wäre auch ohne Schwangerschaft und Mutterschaft erfolgt, geradezu willkürlich wäre (vgl. Erwägungen 2.2 f.), zeigt die Beschwerdeführerin nicht auf.

 

Weitere Beiträge zur Gleichstellung der Geschlechter:

 

Autor: Nicolas Facincani

 

Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden sie hier.