Das Arbeitsvermittlungsgesetz regelt drei Themenbereiche (Art. 1 AVG):

  • private Arbeitsvermittlung
  • öffentliche Arbeitsvermittlung
  • Personalverleih

Die Voraussetzungen für die private Arbeitsvermittlung und den Personalverleih sollen nachfolgend erläutert werden.

 

Bewilligungspflicht Private Arbeitsvermittlung

Die private Arbeitsvermittlung ist bewilligungspflichtig. Die Bewilligung für die Vermittlung von Arbeitskräften im Inland wird vom kantonalen Arbeitsamt erteilt (Art. 2 Abs. 1 AVG). Die Bewilligung wird unbefristet erteilt und berechtigt zur Vermittlung in der ganzen Schweiz (Art. 4 Abs. 1 AVG). Wer zudem regelmässig vom oder ins Ausland vermittelt, braucht zusätzlich eine Bewilligung des SECO. (Art. 2 Abs. 3 AVG). Diese Bewilligung wird auf bestimmte Staaten begrenzt (Art. 4 Abs. 2 AVG, zur Auslandvermittlung, siehe Art. 5 AVV). Ebenfalls der Bewilligungspflicht untersteht, wer Personen für künstlerische und ähnliche Darbietungen vermittelt (Art. 2 Abs. 4 AVG, Art.4 AVV, vgl. auch Art. 22 AVV). Unter gewissen Umständen kann eine Bewilligung entzogen werden (vgl. Art. 5 AVG, vgl. auch Art. 15 AVV).

 

Bewilligungspflicht Personalverleih

Grundsätzlich ist die Temporärarbeit sowie die Leiharbeit bewilligungspflichtig, sofern dies gewerbsmässig betrieben wird (Art. 28 AVV). Unter Gewerbsmässigkeit im Sinn von Art. 29 der Arbeitsvermittlungsverordnung wird eine regelmässige und gewinnorientierte Geschäftstätigkeit verstanden. Regelmässig ist eine Verleihtätigkeit, wenn innerhalb von zwölf Monaten zehn oder mehr Verleihverträge mit einzelnen oder einer Gruppe von Arbeitnehmern abgeschlossen werden. Als ein Vertrag zählt dabei die Vereinbarung über einen Einsatz. Gewinnorientiert ist die Tätigkeit, wenn die Rechnungsstellung gegenüber dem Einsatzbetrieb den Betrag für die Lohnkosten, für die Lohnnebenkosten, und für einen Verwaltungskostenanteil von max. 5 Prozent übersteigt. Gewerbsmässigkeit liegt auch vor, wenn mit der Verleihtätigkeit ein jährlicher Umsatz von mindestens CHF 100 000.00 erzielt wird (Art. 29 AVV).

Der Personalverleih vom Ausland in die Schweiz durch einen ausländischen Verleihbetrieb ist bis auf wenige Ausnahmen (z.B. Konzernleihe) nicht gestattet. Betriebe, die nur innerhalb der Schweiz Personal verleihen, benötigen eine kantonale Betriebsbewilligung (Art. 12 Abs. 1 AVG). Diese wird unbefristet erteilt und berechtigt zum Personalverleih in der ganzen Schweiz (Art. 15 Abs. 1 AVG). Betriebe, die von der Schweiz ins Ausland Personal verleihen, oder aus dem Ausland neu zuziehende Ausländerinnen und Ausländer in der Schweiz verleihen, benötigen zusätzlich eine eidgenössische Bewilligung des SECO (Art. 12 Abs. 2 AVG). Sie wird auf bestimmte Staaten begrenzt (Art. 15 Abs. 2 AVG). Die Bewilligung lautet auf den Betrieb. Die Bewilligung kann unter bestimmten Voraussetzungen entzogen werden (vgl. Art. 16 AVG, Art. 42 AVV).

 

BGer 2C_659/2020 vom 23. Dezember 2021

Im Rahmen eines Bewilligungsgesuch für die grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung und den grenzüberschreiten Personalverleih erteilte das SECO der A.________ GmbH eine unbefristete Bewilligung zur grenzüberschreitenden Arbeitsvermittlung und zum grenzüberschreitenden Personalverleih. Diese Bewilligung wurde mit Verfügung vom 21. Dezember 2017 um die Auflage ergänzt, dass keine Vermittlungs- und Verleihtätigkeiten an die B.________ AG und die B.________ -Unternehmensgruppe gestattet seien.

Die A.________ GmbH wehrte sich in der Folge gegen diese Einschränkung in der Bewilligung.

 

Das SECO entschied aufgrund der folgenden Grundlage:

Nach Art. 3 Abs. 1 lit. c AVG ist für die Erteilung einer Bewilligung zur Arbeitsvermittlung unter anderem vorausgesetzt, dass der vermittelnde Betrieb „kein anderes Gewerbe betreibt, welches die Interessen von Stellensuchenden oder von Arbeitgebern gefährden könnte“. Inhaltlich deckungsgleich setzt Art. 13 Abs. 1 lit. c AVG für die Bewilligung zum Personalverleih voraus, dass der verleihende Betrieb „kein anderes Gewerbe betreibt, welches die Interessen von Arbeitnehmern oder von Einsatzbetrieben gefährden könnte“.

Nach Art. 8 Abs. 3 AVV kann eine Bewilligung für die private Arbeitsvermittlung verweigert werden, wenn der Gesuchsteller Stellensuchende an Personen, von denen er nicht unabhängig ist, vermitteln will. Nach Art. 32 Abs. 2 AVV kann eine Bewilligung für den Personalverleih verweigert werden, wenn der Gesuchsteller Arbeitnehmer an Einsatzbetriebe verleihen will, von denen er nicht unabhängig ist.

 

Entscheid des Bundesgerichts

Die Unabhängigkeit vom Bundesgericht im Entscheid BGer 2C_659/2020 vom 23. Dezember 2021  verneint, weil verschiedene personelle Verflechtungen erkennbar waren:

Einzelzeichnungsberechtigte Gesellschafter der A.________ GmbH waren E.________ und A.C.________. A.C.________ hält die Mehrheit der Stammanteile der Beschwerdeführerin. Sein Vater ist Verwaltungsratspräsident der D.________ AG sowie weiterer Tochterunternehmen der D.________, namentlich der B.________ AG. Die Mutter von B.C.________ ist Delegierte des Verwaltungsrates der B.________ AG. Sie amtete auch als Verwaltungsrätin war D.________.

Das Bundesgericht schützte den Entscheid und begründete wie folgt:

6.3.5.2. Aufgrund der vorstehend dargelegten familiären Verflechtungen besteht vorliegend die Gefahr, dass sich die Unternehmen der B.________-Gruppe über die Beschwerdeführerin einen Pool ständiger Leiharbeitnehmer zur Verfügung halten, um so deren Festanstellung zu umgehen; dies zu vermeiden, ist Zweck von Art. 8 Abs. 3 bzw. Art. 33 Abs. 2 AVV. Für A.C.________ als Mehrheitsgesellschafter der Beschwerdeführerin bestehen ferner erheblich verminderte wirtschaftliche Anreize dafür, den Lohn des durch die Beschwerdeführerin an die Unternehmen der B.________-Gruppe vermittelten Personals zulasten der Unternehmen der B.________-Gruppe zu optimieren, zumal er selbst schon Anteile an diesen Unternehmen halten dürfte bzw. zumindest als Erbe seiner Eltern – dannzumal in fünfter Generation – unmittelbar am wirtschaftlichen Erfolg der B.________-Unternehmensgruppe partizipieren wird (die B.________-Gruppe selbst bezeichnet sich als „Familienunternehmen, das in 4. Generation von B.C.________ und C.C.________ geführt wird“ [vgl. <https://www….>, zuletzt abgerufen am 13. September 2021]). Im Bereich des Personalverleihs fehlt es analog an einem Anreiz, mit dem Einsatzbetrieb ein möglichst hohes Entgelt auszuhandeln (vgl. zu diesem üblicherweise anzutreffenden Anreizmechanismus E. 6.3.3.3 hiervor).  

6.3.5.3. Der aktenkundige Zusammenarbeitsvertrag zwischen der Beschwerdeführerin und der B.________ AG vom 13. November 2015 (Art. 105 Abs. 2 BGG) bestätigt das Vorliegen einer für das verliehene Personal nachteiligen Vermischung der Interessensphären von verleihendem Unternehmen und Einsatzbetrieb: Unter der Rubrik „Tarif“ wird dort festgehalten, dass die Beschwerdeführerin ihre Mitarbeitenden „gemäss den Vorgaben der B.________ AG verleiht“, was die üblichen Verhältnisse zwischen verleihendem Betrieb und Einsatzbetrieb gewissermassen umkehrt. Ebenso wird in Ziff. 6 des Vertrags der Lohn der temporären Mitarbeitenden mit der B.________ AG geregelt, obschon die Festlegung des Lohns an sich ausschliesslich in den Zuständigkeitsbereich der Beschwerdeführerin als Arbeitgeberin gehörte (und letztlich über ihre Gewinnmarge bestimmt). 

6.3.5.4. Insgesamt ist vor dem dargelegten Hintergrund bundesrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz davon ausging, dass zwischen den Unternehmen der B.________-Unternehmensgruppe und der Beschwerdeführerin nicht die erforderliche Unabhängigkeit im Sinne von Art. 8 Abs. 3 und Art. 32 Abs. 2 AVV bestehe. […]

 

Unzulässig Einschränkung der Wirtschaftsfreiheit

Die Einschränkungen der Bewilligung basierten auf der AVV. Dabei handelt es sich um eine Verordnung es Bundesrates, welche gestützt auf das AVG erlassen wurde.

Die A.________ GmbH erblickte in den verfügten Auflagen eine Verletzung ihrer Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 BV). Sie machte im Wesentlichen geltend, dass es den angeordneten Auflagen an einer gesetzlichen Grundlage fehle bzw. dass das in Art. 8 Abs. 3 und Art. 32 Abs. 2 AVV vorgesehene Unabhängigkeitserfordernis in ihrem Verhältnis zu den Unternehmen der B.________-Gruppe erfüllt sei.

Diese Ansicht wurde vom Bundesgericht nicht geschützt (vgl. BGer 2C_659/2020 vom 23. Dezember 2021).

 

Weitere Beiträge zum Personalverleih und zur Arbeitsvermittlung:

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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