In den letzten Jahren haben das Bundesgericht sowie auch vermehrt kantonale Gericht Kündigungen von älteren Arbeitnehmern mit langer Dienstzeit als missbräuchlich erachtet und in diesem Zusammenhang Handlungsempfehlungen für die Arbeitgeber entwickelt.

Gemäss Art. 335 Abs. 1 OR kann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis grundsätzlich von jeder Partei gekündigt werden. Es gilt das Prinzip der Kündigungsfreiheit; das Vorliegen von besonderen Gründen ist grundsätzlich nicht notwendig – ausser dies ist vereinbart. Eine Kündigung ist aber missbräuchlich, wenn sie aus bestimmten, in Art. 336 OR umschriebenen unzulässigen Gründen ausgesprochen wird:

  • Persönliche Eigenschaft der von der Kündigung betroffenen Partei, ohne Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis und ohne bedeutende Beeinträchtigung des Arbeitsklimas (Art. 336 Abs. 1 lit. a OR), z.B. aufgrund des Geschlechts, Alter, Krankheiten etc.
  • Ausübung eines verfassungsmässigen Rechts der durch die Kündigung betroffenen Partei, ohne Verletzung einer Pflicht aus dem Arbeitsvertrag und ohne bedeutende Beeinträchtigung des Arbeitsklimas (Art. 336 Abs. 1 lit. b OR), z.B. wegen Parteizugehörigkeit etc.
  • Verhinderung der Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag durch die von der Kündigung betroffene Partei (Art. 336 Abs. 1 lit. c OR), z.B. wenn der Arbeitgeber verhindern will, dass gewisse Leistungen erbracht werden müssen, auf die der Arbeitnehmer aufgrund des Dienstalters Anspruch hätte etc.
  • Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsvertrag durch die von der Kündigung betroffene Partei (Art. 336 Abs. 1 lit. d OR), wenn der Arbeitnehmer Leistungen aus Überstunden einfordert etc.
  • Leistungen von schweizerischem obligatorischem Zivilschutz-, Militär- oder Schutzdienst oder Übernahme einer nicht freiwillig übernommenen gesetzlichen Pflicht (Art. 336 Abs. 1 lit. e OR). Auch militärische Beförderungsdienste fallen darunter, wenn sie freiwillig angetreten werden.

In weiteren Fällen sieht das Gesetz die Missbräuchlichkeit der Kündigung in gewissen Fällen durch den Arbeitgeber vor:

  • Mitgliedschaft oder Nichtmitgliedschaft des Arbeitnehmers bei einer Gewerkschaft oder legale Tätigkeit bei einer Gewerkschaft (Art. 336 Abs. 2 lit. a OR)
  • Tätigkeit des Arbeitnehmers als gewählter Arbeitnehmervertreter in einer betrieblichen oder einer dem Unternehmen angeschlossenen Vorsorgeeinrichtung (Art. 336 Abs. 2 lit. b OR)
  • mangelnde oder zu kurzfristige Konsultierung der von einer Massenentlassung betroffenen Arbeitnehmer (Art. 336 Abs. 2 lit. c OR).

 

Weitere Missbrauchstatbestände

Durch Art. 336 OR wird das Rechtsmissbrauchsverbot von Art. 2 Abs. 2 ZGB konkretisiert (BGE 134 III 108 E 7.1), womit für eine eigenständige Anwendung des allgemeinen Rechtsmissbrauchsverbots eigentlich kein Raum bestehen würde (siehe allerdings BGE  121 III 60). Somit sind nicht nur die in diesem Artikel aufgelisteten Fälle missbräuchlich. Vielmehr ist Art. 336 nicht abschliessend. Somit fallen auch gegen das Rechtsmissbrauchsverbot fallende Fälle darunter, die eine mit den in Art. 336 OR genannten vergleichbare Schwere aufweisen (BGE 136 III E 2.3; siehe zu den weiteren Tatbeständen Nicolas Facincani/Nena Bazzell, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 336 N 46 ff.).

So sind auch demütigende Kündigungen missbräuchlich. Ebenso, wenn in Mobbingsituationen eine Kündigung ausgerechnet gegen das Mobbingopfer ausgesprochen wird. Ebenso kann einen Kündigung in Konfliktsituationen missbräuchlich sein (sog. Konfliktkündigungen). So ist nach der jüngeren Rechtsprechung eine Kündigung dann missbräuchlich, wenn ein Arbeitgeber in einer Konfliktsituation am Arbeitsplatz eine Kündigung ausspricht, ohne zuvor zumutbare Massnahmen zur Entschärfung der Kündigung getroffen zu haben – dabei ist insbesondere auch eine zu spät angesetzte Aussprache ungenügend.

Auch im Zusammenhang mit unklaren Kompetenzabgrenzungen ausgesprochene Kündigungen sind u.U. missbräuchlich. So wurde etwa eine Kündigung in einer Konfliktsituation, welche darauf zurückzuführen war, dass eine unklare Kompetenzabgrenzung vorlag, missbräuchlich (BGE 8C_594/2010 vom 25.8.2011, vgl. Entscheid des Arbeitsgerichts ZH 2007, Nr. 19, wo eine Missbrauchsklage trotz mehrerer Gespräche und Coaching wegen ungenügenden Konfliktlösungsmassnahmen gutgeheissen wurde).

Auch widersprüchliches Verhalten macht eine Kündigung missbräuchlich. Ebenso, wenn ein Arbeitgeber seine Fürsorgepflicht verletzt und dann wegen einer Leistungseinbusse kündigt, die sich als eine Folge der Verletzung der Fürsorgepflicht erweist (vgl. etwa BGE 4A_381/2011 vom 24.10.2011). Der Missbrauch einer Kündigung kann sich wie aufgrund der Beispiele dargelegt nicht nur aus den Kündigungsmotiven, sondern auch aus der Art und Weise ergeben, wie die kündigende Partei ihr Recht ausübt. Selbst wenn eine Partei die Kündigung rechtmässig erklärt, muss sie das Gebot schonender Rechtsausübung beachten. Sie darf insbesondere kein falsches und verdecktes Spiel treiben, das Treu und Glauben widerspricht (BGE 131 III 535 E. 4.2 S. 538 f.; 125 III 70 E. 2b S. 73; 118 II 157 E. 4b/bb S. 166 f.). Ein vertragswidriges Verhalten, namentlich eine Persönlichkeitsverletzung im Umfeld einer Kündigung macht diese missbräuchlich. Zu beachten ist nämlich, dass der Arbeitgeber gemäss Art. 328 OR verpflichtet ist, die Persönlichkeitsgüter des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen. Er hat sich jeden durch den Arbeitsvertrag nicht gerechtfertigten Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte zu enthalten und diese auch gegen Eingriffe Vorgesetzter, Mitarbeiter oder Dritter zu schützen. Diese Fürsorgepflichten bilden das Korrelat der Treuepflicht des Arbeitnehmers (Art. 321a OR; Rehbinder, Berner Kommentar, N. 1 f. zu Art. 328 OR; Vischer, Der Arbeitsvertrag, Schweizerisches Privatrecht VII/4, 3. Auflage, S. 168). Daraus hat das Bundesgericht abgeleitet, dass wenn sich ein Arbeitgeber nicht oder ungenügend um die Lösung des Konflikts bemüht, er seiner Fürsorgepflicht nicht hinreichend nachgekommen ist, weshalb sich die Kündigung in einem solchen Fall als missbräuchlich erweist (BGE 125 III 70 E. 2c S. 74; BGer 4C.189/2003 vom 23. September 2003, E. 5.1 und 5.2 mit Hinweisen; BGer 4C.253/2001 vom 18. Dezember 2001, E. 2 und 3, wo eine späte Ermahnung an nur eine der am Konflikt beteiligten Personen als ungenügende Massnahme erachtet wurde). Die Praxis im Zusammenhang mit missbräuchlichen Kündigungen wurde vom Bundesgericht in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet und verschärft.

 

Missbräuchliche Alterskündigungen

In den letzten Jahren haben das Bundesgericht sowie auch vermehrt kantonale Gericht Kündigungen von älteren Arbeitnehmern mit langer Dienstzeit als missbräuchlich erachtet. Dabei geht es um ältere Arbeitnehmer mit langer Dienstzeit, wobei das Bundesgericht bis heute offen liess, wann ein Arbeitnehmer als älter (ab ca. 58 bis 60 Jahren) und wann eine Dienstzeit als lang betrachtet werden darf (ab 12 bis 15 Dienstjahren). Nachfolgend wird die diesbezügliche Entwicklung der Rechtsprechung aufgezeigt (vgl. zum Ganzen auch Nicolas Facincani/Nena Bazzell, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 336 N 56 ff.):

 

BGE 132 III 115

Beim gekündigten Arbeitnehmer handelte es sich um einen 63-jähriger Heizungsmonteur, welchem kurz vor dem Ende seines 44. Dienstjahres (14 Monate vor Erreichung der Pensionierung) gekündigt wurde. Das Bundesgericht hielt fest, wer einem Arbeitnehmer nach 44 klaglosen Dienstjahren, wenige Monate vor der Pensionierung ohne betriebliche Notwendigkeit und ohne nach einer sozialverträglicheren Lösung gesucht zu haben, kündige, verletze seine Fürsorgepflicht. Der Arbeitgeber habe seine Fürsorgepflicht nach Art. 328 Abs. 1 OR verletzt, da der Arbeitnehmer entlassen worden sei ohne weiteres entlassen worden sei, weil sich der Arbeitnehmer nicht mit dem Serviceleiter verstand. Der Arbeitgeber hatte sich auch nicht nur ansatzweise bemüht, das Verhältnis unter den genannten Personen zu entspannen.

Des Weiteren erachtete das Bundesgericht das Gebot der schonenden Rechtsausübung als verletzt, indem der Arbeitnehmer, ohne jegliches Vorgespräch und ohne auch nur den Versuch einer sozial verträglicheren Lösung zu unternehmen, unter sofortiger Freistellung entlassen worden sei. Nebst der Verletzung der Fürsorgepflicht und des Gebots der schonenden Rechtsausübung begründete das Bundesgericht die Missbräuchlichkeit der Kündigung mit einem krassen Missverhältnis der auf dem Spiel stehenden Interessen. Dem eminenten Interesse an der Aufrechterhaltung des Arbeitsvertrages des Arbeitnehmers, dem es angesichts seines Alters kaum gelingen dürfte, eine andere Anstellung zu finden, und der mit Einbussen bei den Einkommensersatzleistungen zu rechnen haben wird, steht nach Ansicht des Bundesgerichs kein schützenswertes Interesse der Beklagten gegenüber. Dem Arbeitnehmer wurde eine Entschädigung von sechs Monatslöhnen zugesprochen.

 

BGer 4A_384/2014 vom 12. November 2014

Beim gekündigten Arbeitnehmer handelte es sich um einen 59-jährig Key-Account-Manager mit 11 bzw. 35 Dienstjahren mit Unterbrüchen. Beim ihm wurden Defizite in der Arbeitsweise geortet, wobei zentrale Punkte denn auch vermehrt kritisiert wurden und es wurde versucht, mittels geeigneter Massnahmen Abhilfe zu schaffen. Die Arbeitgeberin hatte gegenüber dem Arbeitnehmer bis wenige Tage vor der Kündigung jedoch nie klar signalisiert, dass die gerügten Mängel für sie einen Schweregrad aufweisen, der bei Nichtbeachtung eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach sich zöge.

In diesem Entscheid hielt das Bundesgericht fest, dass für die Pflichten des Arbeitgebers im Zusammenhang mit einer Kündigung das fortgeschrittene Alter eines Arbeitnehmers mit langer Dienstzeit eine massgebliche Rolle spiele. Für diese Arbeitnehmerkategorie gelte eine erhöhte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. Daraus sei zu schliessen, dass bei älteren Arbeitnehmern der Art und Weise der Kündigung besondere Beachtung zu schenken sei. Der Arbeitnehmer habe namentlich Anspruch darauf, rechtzeitig über die beabsichtigte Kündigung informiert und angehört zu werden, und der Arbeitgeber sei verpflichtet, nach Lösungen zu suchen, welche eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen. Ein absoluter Kündigungsschutz für diese Kategorie von Arbeitnehmenden bestehe indes dennoch nicht, würde ein solcher doch das Prinzip der Kündigungsfreiheit grundsätzlich in Frage stellen. Höchstrichterlich sei denn auch schon eingeräumt worden, dass sich eine Kündigung unter Umständen, selbst kurz vor der Pensionierung, als unumgänglich erweisen könne. Diesfalls würde aber ein in erhöhtem Masse schonendes Vorgehen verlangt.

Aufgrund der Ausführungen des Bundesgerichts wurden in der Folge die folgenden Handlungspflichten bei älteren Arbeitnehmern mit langer Dienstzeit abgeleitet:

  • Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer über die beabsichtigte Kündigung rechtzeitig zu informieren;
  • Der Arbeitnehmer ist im Zusammenhang mit der beabsichtigten Kündigung anzuhören;
  • Der Arbeitgeber hat des Weiteren nach Lösungen zu suchen, welche eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen;
  • Allenfalls ist dem Arbeitnehmer eine letzte Bewährungsfrist anzusetzen.

 

Weitere Entscheide

In der Zwischenzeit wurde die Missbräuchlichkeit der Alterskündigung vom Bundesgericht weitere Male bejaht (siehe zur Rechtssprechung auch Nicolas Facincani/Nena Bazzell, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 336 N 58 ff.):

  • BGer 4A_558/2012 vom 18.2.2013: Beim Arbeitnehmer handelte es sich um einen 64-jährigen Agent d‘exploitation mit 12 Dienstjahren, der etwa ein Jahr vor der Pensionierung stand.
  • BGer 4A_31/2017 vom 17.1.2018: Beim Arbeitnehmer handelte es sich um einen 60-jährigen Arbeitnehmer einer Bank mit 25 Dienstjahren.

Abgelehnt wurde die Missbräuchlichkeit etwa in den folgenden Fällen: BGer 4A_72/2008 vom 2.4.2008 (57-jährig mit 33 Dienstjahren); BGer 4A_419/2007 vom 29.1.2008 (55-jährig mit 27 Dienstjahren); BGer 4A_60/2009, 3.4.2009 (61-jährig mit 25 Dienstjahren mit Alkoholproblemen).

In zwei neueren Entscheiden wurde der Kündigungsschutz älterer Arbeitnehmer wieder etwas relativiert:

 

BGer 4A_44/2021 vom 2. Juni 2021

Der Arbeitnehmer war während rund 37 Jahren ohne schriftlichen Arbeitsvertrag bei der Arbeitgeberin angestellt. Dabei gehörte er zuletzt dem Verwaltungsrat der Arbeitgeberin an und war Vorsitzender der Geschäftsleitung. Die Vorinstanz hatte die Missbräuchlichkeit der Kündigung bejahrt.

Auch hier bestätigte das Bundesgericht die grundsätzlichen Pflichten eines Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Kündigung eines älteren Arbeitnehmers mit langer Dienstzeit, hielt aber explizit fest, dass der Einzelfall zu betrachten sei (E. 4.3.2): „Der Arbeitgeber hat zwar bei älteren Arbeitnehmern der Art und Weise der Kündigung besondere Beachtung zu schenken, entgegen der etwas apodiktischen Formulierung im betreffenden Urteil – „[der ältere Arbeitnehmer] hat namentlich Anspruch darauf, rechtzeitig über die beabsichtigte Kündigung informiert und angehört zu werden, und der Arbeitgeber ist verpflichtet, nach Lösungen zu suchen, welche eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen“ (zit. Urteil 4A_384/2014 E. 4.2.2) – bestimmt sich der Umfang der arbeitgeberischen Fürsorgepflicht vorgängig zu einer Kündigung jedenfalls auch hinsichtlich dieser Arbeitnehmerkategorie einzelfallbezogen aufgrund einer Gesamtwürdigung der jeweiligen Umstände.“

Das Bundesgericht war aber der Auffassung, die Vorinstanz (welche die Missbräuchlichkeit der Kündigung bejahrt hatte) habe zu Unrecht einzig das Alter und die lange Dienstzeit des Arbeitnehmers isoliert berücksichtigt und daraus spezifische Pflichten der Arbeitgeberin abgeleitet, welche diese nicht erfüllt habe, womit von einer missbräuchlichen Kündigung auszugehen sei. Sie sei jedoch nicht auf die spezifische Stellung des Arbeitnehmers innerhalb des Unternehmens ein. Der Arbeitnehmer war gemäss den unbestrittenen vorinstanzlichen Feststellungen Verwaltungsratsmitglied und Vorsitzender der Geschäftsleitung gewesen. Es habe sich somit nicht um einen „normalen“ Arbeitnehmer gehandelt. Er sei Geschäftsführer gewesen, habe erhebliche Entscheidkompetenzen gehabt und eine grosse Verantwortung getragen.

Die Arbeitgeberin habe daher, so das Bundesgericht, zurecht geltend gemacht, sie sei grundsätzlich nicht verpflichtet gewesen, mit dem Vorsitzenden der Geschäftsleitung nach alternativen Lösungen zu einer Kündigung zu suchen. Dies würde zudem voraussetzen, dass das Arbeitsverhältnis überhaupt in irgendeiner Form weitergeführt werden könnte. Bei einem Vorsitzenden der Geschäftsleitung dürfte sich eine Weiterbeschäftigung im Unternehmen in einer anderen Form, zum Beispiel in einer Unterabteilung, eher schwierig gestalten, wie die Arbeitgeberin zu Recht ausgeführt habe.

Gemäss Bundesgericht würde die Ausübung des an und für sich bestehenden Rechts zur Kündigung nur eingeschränkt, wenn dies zu einem krassen Missverhältnis der Interessen führen würde. Bei einem Geschäftsführer, der erhebliche Entscheidkompetenzen habe und grosse Verantwortung habe, sei das Interesse der Arbeitgeberin an der Kündigungsfreiheit entsprechend hoch zu gewichten. Im Rahmen der Abwägung sei sodann (zumindest ergänzend) auch der relativ hohe Lohn des Arbeitnehmers mit zu berücksichtigen. Die Kündigung es damit nicht in missbräuchlicher Art und Weise erfolgt (siehe zu diesem Entscheid auch Nicolas Facincani/Jacqueline Brunner, Alterskündigung – differenzierte Betrachtung des Einzelfalls notwendig, in: AJP 11/2021, S. 1419 ff.).

 

BGer 4A_390/2021 vom 1. Februar 2022

Im Zusammenhang mit einer Kündigung machte eine Arbeitnehmerin die Missbräuchlichkeit der Kündigung geltend. Insbesondere machte sie eine verpönte Alterskündigung geltend. Zu beachten war, dass da Arbeitgeberin nicht gewusst hatte, wann die Arbeitnehmerin nach mehr als sechs Monaten krankheitsbedingter Abwesenheit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren konnte.

Das Bundesgericht verneinte das Vorliegen einer Missbräuchlichen Kündigung. Auch wenn die Klägerin nur noch zehn Monate vom gesetzlichen Rentenalter entfernt gewesen sei, sei es für die beklagte Arbeitgeberin nicht missbräuchlich gewesen, sie zu entlassen, da sie insbesondere nicht gewusst habe, wann die Arbeitnehmerin nach mehr als sechs Monaten krankheitsbedingter Abwesenheit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren konnte, und da die Arbeitnehmerin keinerlei Informationen zu diesem Punkt gehabt habe. Trotz der Verschlechterung der beruflichen Vorsorge der Arbeitnehmerin aufgrund ihrer Entlassung könne hier nicht davon ausgegangen werden, dass die Entlassung missbräuchlich ist, weil sie für die Arbeitgeberin keine eigene Tragweite habe; die Arbeitgeberin sei nicht verpflichtet gewesen, die Arbeitnehmerin fast ein Jahr lang und ohne Hinweis darauf, dass sie in der Zwischenzeit wieder arbeiten könnte, weiter zu beschäftigen, und dies nur, um ihr unangenehme Folgen für die berufliche Vorsorge zu ersparen.

 

Einsprache

Wer eine missbräuchliche Kündigung geltend machen und eine Entschädigung verlangen will, muss schriftlich bei der kündigenden Partei Einsprache erheben. Eine E-Mail genügt nicht, ausser diese verfüge über eine elektronische Unterschrift.

Die Einsprache muss vor Ablauf der Kündigungsfrist bei der Gegenpartei eintreffen (auch bei einer Kündigung während der Probezeit). Der Einsprache gleichgestellt ist die Einleitung eine Schlichtungsgesuchs beim Friedensrichter / Schlichtungsstelle.

Zur Form und Inhalt der Einsprache siehe insbesondere: Geltendmachung einer missbräuchlichen Kündigung (vgl. auch Nicolas Facincani/Nena Bazzell, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 336b N 8).

Zusammen mit der Einsprache wird in der Regel auch gleich die Begründung für die Kündigung sowie das Personaldossier verlangt. Das blosse Verlangen einer schriftlichen Begründung für die Kündigung stellt aber noch keine Einsprache dar.

Wird die Einsprache nicht gültig erhoben, stimmt die Partei, der gekündigt worden ist, der Kündigung im Sinne einer unwiderlegbaren Vermutung zu. Dem Gekündigten steht nur eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Kündigung zu.

 

Zweck der Einsprache

Die Einsprache bezweckt grundsätzlich, dass man sich über die Fortführung des Arbeitsverhältnisses einigt, was dadurch geschehen kann, dass die Kündigung zurückgezogen wird. Gelingt eine Einigung (was in der Praxis allerdings selten der Fall sein dürfte), kann keine Entschädigung mehr gefordert werden.

 

Klage innert 180 Tagen

Kommt es zu keiner Einigung, ist innert 180 Tagen nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses Klage bei der zuständigen Schlichtungsstelle einzureichen. Wird die Frist nicht gewahrt, ist der Anspruch verwirkt. Als Startpunkt für die Berechnung gilt der letzte Tag des Arbeitsvertrages, auch wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund einer Sperrfrist gemäss Art. 336c OR verlängert wurde.

Zu beachten ist, dass die Frist nach Tagen und nicht Monaten bemessen ist. Wird beispielsweise per Ende April gekündigt, läuft die Frist nicht am 31. Oktober, sondern bereits einige Tage vorher ab.

 

Höhe der Entschädigung

Die Entschädigung gemäss Art. 336a OR dient einerseits der Bestrafung, andererseits der Wiedergutmachung für den gekündigten Arbeitnehmer und darf 6 Monatslöhne nicht übersteigen. Bei der Bemessung der Einsprache werden verschieden Faktoren berücksichtigt. Siehe hierzu insbesondere: Höhe der Entschädigung bei missbräuchlicher Kündigung.

 

Weitere Beiträge zur missbräuchlichen Kündigung (Auswahl):

 

Autor: Nicolas Facincani

 

 

Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden sie hier.