In einem kürzlich ergangenen Urteil des Bundesgerichts hat sich dieses wieder einmal zum Ferienlohn geäussert. Die gesetzliche Regelung sieht Folgendes vor: Gemäss Art. 329d Abs. 1 OR hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Ferien den gesamten darauf entfallenden Lohn und eine angemessene Entschädigung für ausfallenden Naturallohn zu entrichten. Die Ferien dürfen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht durch Geldleistungen oder andere Vergünstigungen abgegolten werden (Art. 329d Abs. 2 OR).

 

Bezahlung und Abgeltung des Ferienlohns

Der Ferienlohn ist – wie der sonstige Lohn – zum normalen Zeitpunkt der Fälligkeit auszurichten. Ist nichts anderes verabredet oder üblich und ist durch Normalarbeitsvertrag oder Gesamtarbeitsvertrag nichts anderes bestimmt, so ist dem Arbeitnehmer der Lohn Ende jedes Monates auszurichten (Art. 323 Abs. 1 OR). Ist der Arbeitnehmer in den Ferien, ist ihm folglich auch der auf die Ferien entfallende Lohn am Ende des Monates auszubezahlen.

Die Abgeltung des Ferienlohnes (neben dem Ferienbezug in natura) durch Lohnpauschalen oder Lohnzuschläge ist grundsätzlich unzulässig (Prinz/Geel, in: Etter/Facincani/Sutter, Arbeitsvertrag, Art. 329d N 7). Bei unregelmässiger Arbeit ist die Abgeltung des Ferienlohns mit dem laufenden Lohn ausnahmsweise zugelassen. Die Voraussetzungen hat das Bundesgericht in seinem Urteil 4A_158/2021 vom 11. November 2021 in Erinnerung gerufen.

 

Urteil 4A_158/2021 vom 11. November 2021

Die Arbeitnehmerin B war von September 2013 bis April 2017 mit unbefristetem Ausbildungs- und Arbeitsvertrag als assistierende Osteopathin bei der Arbeitgeberin A angestellt. Der Vertrag sah vor, dass die Arbeitnehmerin in Ausbildung war und unter der Aufsicht eines zertifizierten Osteopathen zwei Jahre zu 100 % oder vier Jahre zu 50 % arbeitete, bevor sie die interkantonale Prüfung ablegen konnte. Ihr Bruttogehalt wurde auf Provisionsbasis gezahlt und stellte einen Prozentsatz des Honorars dar, das den Kunden in Rechnung gestellt wurde (der Prozentsatz betrug im ersten Jahr 17,5%, im zweiten Jahr 20,5 % und im dritten Jahr 23,5 %). Die Arbeitnehmerin konnte aufgefordert werden, Überstunden zu leisten. Diese mussten in Freizeit ausgeglichen werden. Im Arbeitsvertrag war auch ein Bereitschaftsdienst vorgesehen. Das Monatsgehalt beinhaltete ein Feriengeld in Höhe von 8,33% des Bruttomonatsgehalts.

 

Ausführungen des Bundesgerichts

Das Bundesgericht erinnerte an die drei Voraussetzungen, die vorliegen müssen, damit die Abgeltung des Ferienlohnes mit dem laufenden Lohn ausnahmsweise zulässig ist: (i) unregelmässige Beschäftigung, (ii) sofern ein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegt, scheidet dieser der für die Ferien bestimmte Lohnanteil klar und ausdrücklich aus (Betrag oder Prozentsatz), (iii) in den einzelnen schriftlichen Lohnabrechnungen wird der für die Ferien bestimmte Lohnanteil ausgewiesen (Betrag oder Prozentsatz):

La jurisprudence en a déduit que le salaire relatif aux vacances doit en principe être versé au moment où celles-ci sont prises et qu’il n’est pas admissible d’inclure l’indemnité de vacances dans le salaire total. Dans des situations particulières, lorsque le calcul par avance du droit aux vacances se révèle difficile, le Tribunal fédéral a toutefois admis que l’indemnité de vacances puisse exceptionnellement être incluse dans le salaire total; ainsi en est-il pour des employés occupés très irrégulièrement à temps partiel avec un horaire de travail soumis à de fortes variations (ATF 118 II 136 consid. 3b; 116 II 515 consid. 4a; 107 II 430 consid. 3a). Par la suite, il s’est toutefois interrogé sur la justification d’une telle dérogation (ATF 129 III 493 consid. 3.2 et 3.3, 664 consid. 7.2). Laissant la question en suspens, il a relevé que, dans tous les cas, outre la nécessité objective due à une activité irrégulière (première condition), la part du salaire global destinée à l’indemnisation des vacances devait être mentionnée clairement et expressément dans le contrat de travail lorsqu’il était conclu par écrit (deuxième condition), ainsi que sur les décomptes de salaire périodiques (troisième condition) (ATF 129 III 493 consid. 3.2 et 3.3 et les arrêts cités). La simple indication selon laquelle l’indemnité afférente aux vacances est comprise dans le salaire total ne suffit donc pas; la part représentant cette indemnité doit être fixée en pourcentage ou en chiffres (ATF 118 II 136 consid. 3b; 116 II 515 consid. 4b; arrêt 4A_463/2010 du 30 novembre 2010 consid. 3.1) et cette mention doit figurer aussi bien dans le contrat de travail passé par écrit que dans les décomptes de salaire (ATF 129 III 493 consid. 3.3; arrêt 4A_205/2016 du 23 juin 2016 consid. 2.6.1). 

 Weiter hält das Bundesgericht fest, dass bei Nichtvorliegen der drei Bedingungen (materiell und formell), der Arbeitgeber den Ferienlohn bezahlen müsse. Die Tatsache, dass der Arbeitnehmer seine Ferien in Naturalien bezogen habe, ändere daran nichts, da er während der Ferien nicht bezahlt worden sei. Ein Arbeitnehmer, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Lohn für seine Ferien verlange, missbrauche somit sein Recht nicht. Etwas anderes könne unter gewissen aussergewöhnlichen Umständen gelten, wenn der Arbeitnehmer während seiner Ferien eine Form der Entlöhnung erhalten habe:

Si ces trois conditions (matérielle et formelles) ne sont pas réunies, l’employeur doit payer le salaire afférent aux vacances; que l’employé ait pris ses vacances en nature n’y change rien puisqu’il n’était pas rémunéré durant celles-ci (ATF 129 III 493 consid. 5.2, 664 consid. 7.2; 118 II 136 consid. 3b; 116 II 515 consid. 4b; arrêts 4A_205/2016 précité consid. 2.6.1; 4A_435/2015 du 14 janvier 2016 consid. 3.2). L’employé qui exige à la fin des rapports de travail le salaire correspondant à ses vacances n’abuse donc pas de son droit (ATF 129 III 493 consid. 5.2; arrêts 4A_561/2017 du 19 mars 2018 consid. 4.1; 4A_435/2015 précité consid. 3.4.2). Il peut en aller différemment dans certaines circonstances exceptionnelles, lorsque l’employé a perçu une forme de rémunération pendant ses vacances (arrêts 4A_561/2017 précité consid. 4.1; 4A_285/2015 précité consid. 3.3; 4A_66/2009 du 8 avril 2009 consid. 4). 

 

Entscheid des Bundesgerichts

Das Bundesgericht führte aus, dass in vorliegendem Fall unbestritten sei, dass die formellen Voraussetzungen für eine Abweichung erfüllt seien (Ferienentschädigung von 8,33% im Vertrag und in den Abrechnungen). Die materielle Voraussetzung seien jedoch nicht erfüllt, auch wenn die Arbeitgeberin behaupte, die Tätigkeit der Arbeitnehmerin sei „offensichtlich irregulär“ gewesen:

En l’espèce, s’il n’est apparemment pas contesté que les conditions formelles d’une dérogation étaient remplies (indemnité de vacances de 8,33 % indiquée dans le contrat et les décomptes), la condition matérielle n’est pas réalisée, quoi qu’en dise la recourante qui prétend que l’activité de l’intimée revêtait un caractère „manifestement irrégulier“. 

Zudem hielt das Bundesgericht fest, dass insbesondere die variable Vergütung der Arbeitnehmerin (17,5 % des den Kunden in Rechnung gestellten Honorars im ersten Jahr, 20,5% im zweiten Jahr und 23,5% im dritten Jahr) für sich alleine keine vorm Grundsatz des Art. 329d Abs. 1 und OR abweichende Vereinbarung rechtfertige, da dieser Umstand bei Stunden-, Stück-, oder Akkordlohnarbeit üblich sei:

Quant au caractère variable de la rémunération de l’employée (calculée à hauteur de 17,5 % des honoraires facturés aux clients la première année, de 20,5 % la deuxième année et de 23,5 % la troisième année), il ne permet pas à lui seul de justifier un accord dérogatoire au principe de l’art. 329d al. 1 et 2 CO, cette circonstance se rencontrant couramment en cas de travail payé à l’heure, aux pièces ou à la tâche (arrêt 4A_478/2009 du 16 décembre 2009 consid. 4).

Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass sich der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Vorwurf der Verletzung von Art. 329d Abs. 1 OR als unbegründet erweise und bestätigte damit im Ergebnis den Entscheid der Vorinstanz, welchen die Arbeitgeberin dazu verpflichtet hatte, die Arbeitnehmerin für ihre Ferien zu entschädigen.

 

Weitere Beiträge zum Ferienrecht (Auswahl):

 

Autoren: Nicolas Facincani / Stephanie Villiger

 

Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden sie hier.