Einem ordentlichen Richter des Bundesverwaltungsgerichts wurde vorgeworfen, bei einem am Bundesverwaltungsgericht hängigen Revisionsverfahren absichtlich eine unzulässige Veränderung des Spruchkörpers vorgenommen und damit gegen das Reglement vom 9. Dezember 2010 über die Archivierung beim Bundesverwaltungsgericht (SR 152.13) und gegen Art. 15 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 14 Abs. 3 des Reglements über die Zusammenarbeit der Abteilungen IV und V des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. August 2013 (ZASAR) verstossen. In der Folge stellte dieser bei der VK Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungskommission des Bundesverwaltungsgerichts) ein Gesuch um Kostengutsprache für anwaltliche Unterstützung bzw. den Beizug eines Rechtsanwalts im Aufsichtsverfahren 12T_6/2020 vor der VK Bundesgericht, im Verfahren vor der Gerichtskommission der Vereinigten Bundesversammlung sowie in einem allfälligen Verfahren vor der Vereinigten Bundesversammlung (Amtsenthebungsverfahren) und gegenüber Angriffen Dritter (persönlich und in den Medien) mit Bezug auf die erhobenen Vorwürfe einer Amtspflichtverletzung.

Die VK Bundesverwaltungsgericht lehnte dieses Gesuch ab (Verfügung vom 18. Mai 2021). Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts wies die Beschwerde vom 18. Juni 2021 gegen die Verfügung vom 18. Mai 2021 ab. Es sei an dieser Stelle angefügt, dass Verfügungen des Bundesverwaltungsgerichts betreffend arbeitsrechtliche Streitigkeiten der Bundesverwaltungsrichter mit Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts angefochten werden können.

 

Begründung für den Anspruch

Der Richter hatte sich zur Begründung seines Gesuchs um Kostengutsprache im Wesentlichen auf Art. 77 der Bundespersonalverordnung vom 3. Juli 2001 (BPV; SR 172.220.111.3) und Art. 328 OR berufen. Art. 77 Abs. 1 BPV schreibt eine Rückerstattung von Verfahrens- und Parteikosten für Angestellte vor, die infolge Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit in ein Zivil- oder Strafverfahren verwickelt werden, sofern das Verfahren mit der dienstlichen Tätigkeit zusammenhängt (lit. a), die Handlung weder grobfahrlässig noch vorsätzlich begangen wurde (lit. b), und der Bund ein Interesse an der Führung des Prozesses hat (lit. c). Solange der Gerichtsentscheid aussteht, werden nur Kostengutsprachen geleistet; aus wichtigen Gründen können ausnahmsweise Kostenvergütungen ausgerichtet werden, bevor der Entscheid vorliegt (Art. 77 Abs. 2 BPV). Gemäss Art. 328 Abs. 1 OR obliegt dem Arbeitgeber die allgemeine Pflicht, im Arbeitsverhältnis die Persönlichkeit des Arbeitnehmers zu achten und zu schützen.

 

Begründung der Vorinstanzen

Während die VK Bundesverwaltungsgericht in ihrer Verfügung zur Auffassung gelangte, Art. 328 Abs. 1 OR und Art. 77 BPV seien zwar grundsätzlich (analog) auf Richterinnen und Richter des Bundesverwaltungsgerichts anwendbar, allerdings nicht bei der vorliegenden Konstellation, vertrat die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts den Standpunkt, dem Bundesverwaltungsgericht komme den Richterpersonen gegenüber keine Arbeitgebereigenschaft zu. Da die genannten Bestimmungen folglich von vornherein nicht als Grundlage für eine Kostengutsprache des Bundesverwaltungsgerichts an den Richter in Betracht fallen könnten, erübrige sich die Prüfung, ob die weiteren Voraussetzungen für die Bejahung einer Kostengutsprache gegeben wären.

 

Entscheid BGer 8C_602/2022 vom 25. Mai 2023

Das Bundesgericht sah dies im Entscheid BGer 8C_602/2022 vom 25. Mai 2023 anders. So sei das Gesamtgericht des Bundesverwaltungsgerichts namentlich zuständig für Entscheide über Veränderungen des Beschäftigungsgrades der Richter und Richterinnen während der Amtsdauer (Art. 16 Abs. 1 lit. c VGG) sowie die Bestellung der Abteilungen und die Wahl ihrer Präsidenten und Präsidentinnen auf Antrag der Verwaltungskommission (Art. 16 Abs. 1 lit. e VGG), während die Verwaltungskommission die Verantwortung für die Gerichtsverwaltung trägt und dabei unter anderem zuständig sei für den Erlass von Verfügungen über das Arbeitsverhältnis der Richter und Richterinnen, soweit das Gesetz nicht eine andere Behörde als zuständig bezeichnet (Art. 18 Abs. 4 lit. b VGG). Obwohl der Bundesversammlung gewichtige Regelungsbefugnisse im Zusammenhang mit der Anstellung von Richtern am Bundesverwaltungsgericht zukommen würden, würden sich die Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts – entgegen der Ansicht der Vorinstanz – nicht in rein organisatorisch-administrativen Belangen. Für die Gewährung von Kostengutsprachen an Richterpersonen sei aufgrund des Fehlens einer spezifischen Regelung die VK Bundesverwaltungsgericht zuständig (Art. 18 Abs. 4 lit. b VGG). In diesem Rahmen übt sie also eine Arbeitgeberaufgabe aus.

6.2. Bundesverwaltungsrichterinnen und -richter sind unselbstständig erwerbstätig. Sie erhalten für ihre Arbeitsleistung einen Lohn (Art. 5 Richterverordnung) nach klar definierten Vorgaben. Zwar sind die Arbeitgeberaufgaben, die gegenüber den Richterpersonen in ihrer Position als Arbeitnehmende wahrzunehmen sind, auf verschiedene Organisationseinheiten innerhalb des Bundesverwaltungsgerichts aufgegliedert. So ist das Gesamtgericht namentlich zuständig für Entscheide über Veränderungen des Beschäftigungsgrades der Richter und Richterinnen während der Amtsdauer (Art. 16 Abs. 1 lit. c VGG) sowie die Bestellung der Abteilungen und die Wahl ihrer Präsidenten und Präsidentinnen auf Antrag der Verwaltungskommission (Art. 16 Abs. 1 lit. e VGG), während die Verwaltungskommission die Verantwortung für die Gerichtsverwaltung trägt und dabei unter anderem zuständig ist für den Erlass von Verfügungen über das Arbeitsverhältnis der Richter und Richterinnen, soweit das Gesetz nicht eine andere Behörde als zuständig bezeichnet (Art. 18 Abs. 4 lit. b VGG). Verschiedene typische und gewichtige Arbeitgeberaufgaben sind zudem an die Bundesversammlung ausgelagert. So wird das Arbeitsverhältnis durch zustimmungsbedürftige Wahlverfügung der Bundesversammlung begründet, während die Gerichtskommission der Bundesversammlung die Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses (Beginn, Beschäftigungsgrad, Anfangslohn, berufliche Vorsorge) festlegt (Art. 2 Abs. 1 und 2 Richterverordnung). Ob sich damit das Bundesverwaltungsgericht und die Bundesversammlung die Arbeitgebereigenschaft gewissermassen teilen, wie dies vom Beschwerdeführer geltend gemacht wird, kann an dieser Stelle offen bleiben. Denn obwohl der Bundesversammlung gewichtige Regelungsbefugnisse zukommen, erschöpfen sich die Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts – entgegen der Ansicht der Vorinstanz – nicht in rein organisatorisch-administrativen Belangen. Dies zeigt sich zum Beispiel darin, dass sich die Richterinnen und Richter betreffend die konkrete Zuteilung in eine bestimmte Abteilung dem Entscheid des Gesamtgerichts zu unterziehen haben (Art. 16 Abs. 1 lit. e VGG). Ebenso wenig können die Richterinnen und Richter – wie erwähnt – während ihrer Amtsdauer autonom über eine Anpassung ihres Beschäftigungsgrades bestimmen (Art. 13 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 1 lit. c VGG) oder eine Nebenbeschäftigung aufnehmen (Art. 7 und Art. 18 Abs. 4 lit. f VGG). Ihre Unabhängigkeit von äusseren Einflüssen auf die Entscheidfindung kann daher nicht mit einem fehlenden Subordinationsverhältnis gleichgesetzt werden. Vielmehr ist festzustellen, dass das Bundesverwaltungsgericht, bzw. je nach Regelung eines seiner Verwaltungsorgane, verschiedene Arbeitgeberaufgaben gegenüber den Richterpersonen wahrzunehmen hat, weshalb ihm die Arbeitgebereigenschaft nicht abgesprochen werden kann.  

7. Für die Gewährung von Kostengutsprachen an Richterpersonen ist aufgrund des Fehlens einer spezifischen Regelung die VK Bundesverwaltungsgericht zuständig (Art. 18 Abs. 4 lit. b VGG). In diesem Rahmen übt sie also eine Arbeitgeberaufgabe aus. Wie aufgezeigt (E. 6 hiervor) hätte die Vorinstanz das vorliegend umstrittene Kostengutsprachegesuch deshalb nicht unter Hinweis auf die fehlende Arbeitgebereigenschaft des Bundesverwaltungsgerichts (bzw. seiner Organe) ablehnen dürfen. Die Sache geht daher zurück an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, damit sie die restlichen Gesuchsvoraussetzungen, darunter auch die Frage der (analogen) Anwendbarkeit von Art. 77 BPV und Art. 328 OR, prüfe und hernach erneut entscheide. 

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

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