Das Gleichstellungsgesetz verbietet jegliche Diskriminierung aufgrund des Geschlechts im Erwerbsleben. Das Verbot erstreckt sich auf das gesamte Arbeitsverhältnis (insbesondere auf die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung) und bezieht sich auf direkte und indirekte Diskriminierungen.

 

Grundlagen der Lohndiskriminierung

Oft sieht man, dass der Lohn unterschiedlich ist – dann kann eine direkte Diskriminierung der Geschlechter gegeben sein, sofern es keine sachlichen Gründe (wie z.B. Ausbildung, Erfahrung etc.) gibt. Im Zusammenhang mit dem Lohn wird aber teilweise auch geltend gemacht, es liege eine indirekte Diskriminierung vor, wenn etwa ein Beruf gemäss Erfahrung ein reiner „Frauen- oder Männerberuf“ darstellt und gegenüber anderen Berufen bei gleichen Angestellten, die gleichwertige Arbeit verrichten, schlechter Entlöhnt werden. So gab es in der Vergangenheit Klagen von Kindergärtnerinnen, die geltend machten, sie seien schlechter entlöhnt als Primarlehrer. In der Regel fällt es aber schwer, in solchen Situationen die Vergleichbarkeit der Berufe und somit die Diskriminierung aufzuzeigen.

 

Vermutung der Lohndiskriminierung

Nach Art. 6 GlG wird eine Lohndiskriminierung vermutet, wenn sie von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird. Für eine Glaubhaftmachung braucht nicht die volle Überzeugung des Gerichts herbeigeführt zu werden, sondern es genügt, wenn eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Diskriminierung in der Entlöhnung spricht, auch wenn das Gericht noch mit der Möglichkeit rechnet, dass sie tatsächlich nicht vorhanden sein könnte (vgl. BGE 120 II 393 E. 4b S. 398 mit Hinweisen). Gelingt die Glaubhaftmachung, steht dem Arbeitgeber der Beweis offen, dass trotzdem keine Lohndiskriminierung vorliegt. Dazu das Bundesgericht (BGE 125 III 368 E. 4):

Nach der bundesrechtlichen Beweisvorschrift von Art. 6 GlG liegt es daher an der Beklagten, Umstände nachzuweisen, aus denen sich ergibt, dass die festgestellte Lohndifferenz auf sachlichen Gründen ohne geschlechterdiskriminierende Wirkung beruht (vgl. STEIGER-SACKMANN, in: BIGLER EGGENBERGER/KAUFMANN (Hrsg.), Kommentar zum Gleichstellungsgesetz, Basel 1997, N. 59-61 zu Art. 6 GlG).

 

BGer 4A_597/2023 vom 15. Mai 2024

Im Urteil 4A_597/2023 vom 15. Mai 2024 konnte das Bundegericht die vorgenannten Grundsätze erneut zusammenfassen. Dabei führte das Bundesgericht im Zusammenhang mit dem Vorgehen bei Lohngleichheitsklagen das folgende aus:

 

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Gemäss Art. 8 Abs. 3 Satz 3 BV haben Frau und Mann Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit.

 

Diskriminierungsverbot

Nach Art. 3 Abs. 1 GlG dürfen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgrund ihres Geschlechts weder direkt noch indirekt benachteiligt werden. Dieses Verbot gilt insbesondere für die Anstellung, Aufgabenzuteilung, Gestaltung der Arbeitsbedingungen, Entlöhnung, Aus- und Weiterbildung, Beförderung und Entlassung (Art. 3 Abs. 2 GlG). Eine direkte Diskriminierung liegt vor, wenn sich eine Ungleichbehandlung ausdrücklich auf die Geschlechtszugehörigkeit oder auf ein Kriterium stützt, das nur von einem der beiden Geschlechter erfüllt werden kann, und wenn sie sich nicht sachlich rechtfertigen lässt (BGE 145 II 153 E. 4.3.5; 124 II 409 E. 7; 124 II 529 E. 3a; 125 I 71 E. 2a). Von einer indirekten Diskriminierung ist hingegen auszugehen, wenn eine formal geschlechtsneutrale Regelung im Ergebnis wesentlich mehr bzw. überwiegend Angehörige des einen Geschlechts gegenüber denjenigen des anderen benachteiligt, ohne dass dies sachlich begründet wäre (BGE 144 II 65 E. 4.1; 141 II 411 E. 6.1.2; 125 II 71 E. 2a; 124 II 409 E. 7).  

 

Lohnklage gemäss Art. 5 Abs. 1 lit. d GlG

Wer von einer Diskriminierung im Sinne von Art. 3 GlG betroffen ist, kann dem Gericht unter anderem beantragen, die Zahlung des geschuldeten Lohns anzuordnen (Art. 5 Abs. 1 lit. d GlG).

 

Lohnvergleiche nur beim selben Arbeitgeber

Lohnvergleiche sind grundsätzlich nur zwischen Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber zulässig. Vergleiche der von zwei verschiedenen Arbeitgebern ausbezahlten Löhne können höchstens bei Verflechtungen zulässig sein, das heisst wenn der eine Arbeitgeber auf das Lohnsystem des anderen Arbeitgebers Einfluss nehmen kann.

 

Objektive Gründe für die Lohnunterschiede

Nicht diskriminierend sind nach der Rechtsprechung in der Regel Lohnunterschiede, die auf objektiven Gründen beruhen. Dazu gehören etwa Gründe, die den Wert der Arbeit selbst beeinflussen können, wie Ausbildung, Dienstalter, Qualifikation, Erfahrung, konkreter Aufgabenbereich, Leistung oder Risiken (BGE 141 II 411 E. 6.1.2; 136 II 393 E. 11.3; 130 III 145 E. 5.2; 125 III 368 E. 5; 124 II 409 E. 9c, 436 E. 7a; je mit Hinweisen). 

 

Vermutung der Diskriminierung

Gemäss Art. 6 GlG wird bezüglich der Entlöhnung eine Diskriminierung vermutet, wenn diese von der betroffenen Person glaubhaft gemacht wird. Gegebenenfalls trifft den Arbeitgeber der Beweis, dass die unterschiedliche Entlöhnung sachlich gerechtfertigt ist. Bei dieser Vorschrift handelt es sich – gemäss Artikelüberschrift – um eine Beweislasterleichterung, die als Spezialbestimmung der Beweisregel von Art. 8 ZGB vorgeht (BGE 144 II 65 E. 4.2.1). Wurde eine Lohndiskriminierung im Sinne des Art. 6 GlG glaubhaft gemacht, ist der Arbeitgeber zum Nachweis verpflichtet, dass die geringere Entlöhnung in Wirklichkeit nicht geschlechtsdiskriminierend, sondern durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist; misslingt ihm dies, gilt die geschlechtsspezifische Benachteiligung als erstellt (BGE 142 II 49 E. 6.3; 136 II 393 E. 11.3; zum Ganzen: Urteil 4A_33/2021 vom 19. Juli 2021 E. 3.1 mit Hinweisen). 

 

Vertragsauslegung

Im Urteil 4A_597/2023 vom 15. Mai 2024 befasste sich das Bundesgericht sodann mit der Frage, wie vorzugehen ist, wenn der Arbeitsvertrag der Parteien auszulegen ist:

3.1.2. Für das Zustandekommen und die Auslegung einer Vereinbarung ist zunächst massgebend, was die Parteien tatsächlich übereinstimmend gewollt haben. Die empirische oder subjektive hat gegenüber der normativen oder objektivierten Vertragsauslegung den Vorrang (BGE 138 III 659 E. 4.2.1; 137 III 145 E. 3.2.1; 130 III 554 E. 3.1).  

Wenn der übereinstimmende wirkliche Wille der Parteien unbewiesen bleibt, sind die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten. Dabei ist vom Wortlaut der Erklärungen auszugehen, welche jedoch nicht isoliert, sondern aus ihrem konkreten Sinngefüge heraus zu beurteilen sind (BGE 138 III 659 E. 4.2.1; 123 III 165 E. 3a). Ein objektivierter und damit rechtlicher Konsens bedeutet nicht zwingend, dass die sich äussernde Partei tatsächlich den inneren Willen hatte, sich zu binden; es reicht, wenn die andere Partei aufgrund des objektiv verstandenen Sinns der Erklärung oder des Verhaltens nach Treu und Glauben annehmen konnte, die sich äussernde Partei habe einen Rechtsbindungswillen (BGE 144 III 93 E. 5.2.3; 143 III 157 E. 1.2.2). Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen als Rechtsfrage, wobei es an Feststellungen des kantonalen Gerichts über die äusseren Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich (vgl. E. 2.2 hievor) gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG; BGE 144 III 93 E. 5.2.3; Urteil 4A_77/2023 vom 27. September 2023 E. 3.1.1 mit Hinweisen).

 

Weitere Beiträge zu Diskriminierungen, insbesondere aufgrund des Geschlechts:

 

Autor: Nicolas Facincani 

 

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