Der Sozialplan wird in Art. 335h Abs. 1 OR definiert als eine Vereinbarung, in welcher der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer die Massnahmen festlegen, mit denen Kündigungen vermieden, deren Zahl beschränkt sowie deren Folgen gemildert werden sollen. Es geht darum, bei Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen Härten für die betroffenen Arbeitnehmer zu vermeiden oder zu mildern. Ein Sozialplan gilt im weitesten Sinn als Massnahme zum Schutz der Arbeitnehmer bei Massenentlassungen (BGE 133 III 213, E. 4.3). Inhaltlich bleibt den Parteien ein grosser Gestaltungsspielraum überlassen. Es können etwa Abgangsentschädigungen, vorzeitige Pensionierungen, Beiträge an Umschulungs- oder Umzugskosten, besondere Kündigungsfristen etc. vereinbart werden.

 

Gestalt des Sozialplanes

Der Sozialplan kann in unterschiedlicher Gestalt erlassen werden: Es kann ein Gesamtarbeitsvertrag, eine Betriebsvereinbarung, eine individuelle Vereinbarung oder ein Erlass durch Schiedsspruch i.S.v. Art. 335j OR sein. Massgebend für die Rechtsnatur eines Sozialplans sind neben dem Inhalt in erster Linie die Parteien und die Art des Zustandekommens.

Vereinbart ein Arbeitgeber mit einem Arbeitnehmerverband bzw. einer Gewerkschaft einen Sozialplan, liegt eine besondere Art des Gesamtarbeitsvertrages gemäss Art. 356 OR vor. Die Arbeitnehmer können sich direkt auf die darin zu ihren Gunsten festgeschriebenen Rechte berufen; der Sozialplan wirkt insofern normativ (BGE 132 III 32 E. 6.1). Ist der Sozialplan als Gesamtarbeitsvertrag zu qualifizieren, sind die darin enthaltenen normativen Bestimmungen wie ein Gesetz auszulegen (BGE 133 III 213 E. 4.2).

 

Betriebsvereinbarung

Die Betriebsvereinbarung ist ein Vertrag zwischen einem Betriebsinhaber und der Arbeitnehmervertretung dieses Betriebs. In privaten Bereichen gilt als Arbeitnehmervertretung die nach den Regeln der Art. 5-7 Mitwirkungsgesetz (SR 822.14) bestellte Vertretung. Dem Mitwirkungsgesetz unterstehen nach dessen Art. 1 alle privaten Betriebe, die ständig Arbeitnehmende in der Schweiz beschäftigen. Die Betriebsvereinbarung kann auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen: Wird der Sozialplan auf Arbeitnehmerseite gestützt auf eine Delegationsnorm in einem Gesamtarbeitsvertrag von der Arbeitnehmervertretung des Betriebs abgeschlossen, liegt eine vereinbarte Betriebsordnung im Sinn von Art. 38 Abs. 2 ArG vor. Die darin enthaltenen Bestimmungen haben auf Grund der Delegationsnorm des Gesamtarbeitsvertrags für die Mitarbeiter des Betriebs, die dem Gesamtarbeitsvertrag unterstellt sind, ebenfalls normative Wirkung. Fehlt eine solche Delegationsnorm im Gesamtarbeitsvertrag, kann der Sozialplan auf Grund von Art. 38 Abs. 2 ArG nur dann die Form einer Betriebsordnung haben, wenn die dort behandelten Fragen in dem Bereich, dem der Betrieb angehört, nicht üblicherweise durch Gesamtarbeitsvertrag oder eine andere kollektive Vereinbarung geregelt werden. In diesem Fall kommt ihm eine dem Gesamtarbeitsvertrag entsprechende normative Wirkung zu, wenn er gemäss Art. 39 Abs. 2 ArG im Betrieb bekannt gegeben wurde (BGE 133 111213 E. 4.3.2).

 

Mit Arbeitnehmern ausgehandelter Sozialplan

Ein Sozialplan, der direkt mit den Arbeitnehmern ausgehandelt und abgeschlossen wird, hat keine normative Wirkung, da es sich um eine individuelle Vereinbarung mit jedem einzelnen Arbeitnehmer handelt, die Teil des individuellen Arbeitsvertrags wird. Ist der Sozialplan nicht das Ergebnis von Verhandlungen, sondern eines einseitigen und freiwilligen Beschlusses des Arbeitgebers, handelt es sich lediglich um eine Offerte. Nimmt ein Arbeitnehmer diese an, wird der Sozialplan integrierender Bestandteil seines Einzelarbeitsvertrags. Sieht der Sozialplan Leistungen zugunsten des Arbeitnehmers ohne Gegenleistung vor, kann die Annahme stillschweigend erfolgen (Art. 6 OR). Wenn der Arbeitgeber nicht eine ausdrückliche Annahme zu erwarten hat wird der Sozialplan durch Schweigen in Anwendung von Art. 6 OR Bestandteil des Einzelarbeitsvertrages jedes Adressaten, der nicht die Ablehnung des Angebots erklärt. Jede einseitige Abänderung des Sozialplans, einschliesslich dessen Geltungsdauer, stellt lediglich ein neues Angebot an die Adresse der Arbeitnehmer dar und muss von diesen gleich dem ursprünglichen Sozialplan akzeptiert werden (BGer 4A_138/2008 vom 30. 05.2008 = ARV 2008 S. 197 E. 2.1). Auf dieser Basis ist auch eine Ausgestaltung als Vertrag mit Stellvertretung oder zugunsten Dritter denkbar, indem bestimmte Arbeitnehmer für die anderen als Stellvertreter handeln oder einen (echten) Vertrag zu deren Gunsten abschliessen. Der auf einer individuellen Vereinbarung basierende Sozialplan hat keine normative Wirkung (BGer 4A_101/2020 vom 14. April 2021 E. 4.1).

 

Sozialplanpflicht

Die gesetzliche Sozialplanpflicht trifft gemäss Gesetz nur Arbeitgeber ab einer Grösse von 250 Arbeitnehmern, wenn er innert 30 Tagen mindestens 30 Arbeitnehmern aus Gründen kündigt, die in keinem Zusammenhang mit ihrer Person stehen. Ist der Arbeitgeber Teil eines Konzerns, ist zur Berechnung lediglich auf diejenige Gesellschaft abzustellen, welche die Kündigungen ausspricht. Weitergehende Pflichten zur Erstellung eines Sozialplans gibt es lediglich, sofern dies in einem konkret anwendbaren Gesamtarbeitsvertrag (GAV) vorgesehen ist.

Die weit verbreitete Ansicht, bei jeder Massenentlassung sei ein Sozialplan zwingend, ist nicht zutreffend.

Der genaue Inhalt eines Sozialplanes ist für den Fall der Sozialplanpflicht ebenfalls nicht vorgeschrieben. Vom Zweck her soll er Massnahmen festlegen, mit denen Kündigungen vermieden, deren Zahl beschränkt sowie deren Folgen gemildert werden. Dabei geht es aber nicht nur finanzielle Leistungen Normalerweise sind die folgenden Inhalte anzutreffen:

  • Einstellungsstopps
  • Finanzierungen von Outplacements
  • Abgangsentschädigungen
  • Vorzeitige Pensionierungen
  • Veränderungen von Kündigungsfristen

 

Weitere Beiträge zum Sozialplan

 

Autor: Nicolas Facincani 

 

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