Die Sommerferien stehen vor der Tür. Aus diesen Grund sollen hier einige wesentliche Regelungen zu den Ferien in Erinnerung gerufen werden:

 

Ferienanspruch und -dauer

In der Schweiz haben Arbeitnehmer grundsätzlich Anspruch auf mindestens vier Wochen Ferien pro Jahr. Jugendliche unter 20 Jahren haben Anspruch auf fünf Wochen. Der Ferienanspruch wird anteilig pro rata temporis berechnet, wenn das Arbeitsverhältnis während des Jahres beginnt oder endet.

In der Praxis oft anzutreffend sind Einzelarbeitsverträge und Mitarbeiterreglemente, bei welchen die Anzahl Ferientage an die Dienstjahre oder an das Alter des Arbeitnehmers gekoppelt sind. Solche Regelungen sind in der Regel zulässig (sofern das gesetzliche Ferienminimum eingehalten ist), aber vom Gesetz nicht zwingend vorgesehen. Oft wird für Arbeitnehmer ab dem 50. Altersjahr häufig ein höherer Ferienanspruch (oftmals 5 Wochen) gewährt.

Auch Gesamtarbeitsverträge enthalten oft Regelungen über Ferien, welche grosszügiger sind als 4 Wochen, welche das Obligationenrecht mindestens vorsieht. Die Regelungen sind vielfältig. Nachfolgend ein paar zufällige Beispiele:

  • Der L-GAV sieht etwa in Ziff. 17.1 einen Ferienanspruch von 5 Wochen pro Jahr vor. Der Ferienanspruch pro Jahr wird mit zunehmendem (Dienst-)Alter nicht erhöht.
  • Der GAV für das Schweizerische Bäcker-, Konditoren- und Confiseurgewerbe sieht ebenfalls einen Ferienanspruch von 5 Wochen pro Jahr vor.
  • Der GAV für das schweizerische Coiffeurgewerbe sieht etwa das folgende vor: Die Arbeitnehmerin hat pro Dienstjahr Anspruch auf bezahlte Ferien wie folgt: Arbeitnehmerin bis zum vollendeten 20. Altersjahr: 5 Wochen, Arbeitnehmerin ab dem vollendeten 20. Altersjahr: 4 Wochen, Arbeitnehmerin ab dem vollendeten 5. Tätigkeitsjahr nach abgeschlossener Ausbildung im gleichen Betrieb: 5 Wochen.
  • Der GAV für das Holzbaugewerbe sieht die folgende Regelung vor: Bis zum vollendeten 50. Altersjahr haben Mitarbeitende einen Ferienanspruch von 5 Wochen. Bis zum vollendeten 20. Altersjahr und ab dem 51. Altersjahr beträgt der Ferienanspruch 6 Wochen. Für Lernende beträgt der Ferienanspruch unabhängig vom Alter 6 Wochen pro Kalenderjahr.

Es ist somit stets zu prüfen, ob auf ein Arbeitsverhältnis ein GAV anwendbar ist. Dort ist der Mindestferienanspruch festgehalten. Sieht ein Einzelarbeitsvertrag oder ein Mitarbeiterreglement sodann eine grosszügigere Ferienregelung als ein GAV vor, geht der Einzelarbeitsvertrag bzw. das entsprechende Reglement vor.

 

Zeitpunkt der Ferien

Der Arbeitgeber legt den Zeitpunkt der Ferien fest, muss jedoch die Wünsche des Arbeitnehmers berücksichtigen, soweit diese mit den betrieblichen Belangen vereinbar sind. Bei Arbeitnehmenden mit schulpflichtigen Kindern muss auf die Schulferien Rücksicht genommen werden – die Ferien dürfen nicht überwiegend ausserhalb der Schulferien angeordnet werden. Ein Arbeitnehmer, der als intensives Hobby Wettkämpfe in einer bestimmten Jahreszeit bestreitet, soll seine Ferien wenn irgend möglich in dieser Jahreszeit beziehen dürfen. Ebenso wird davon ausgegangen, dass im Anschluss an den Mutterschaftsurlaub, wenn die Arbeitnehmerin diesen so verlängern möchte und es die Interessen des Betriebes zulassen, Ferien in der Regel gewährt werden müssen. Der Arbeitgeber kann Betriebsferien anordnen, während derer die Arbeitnehmer ihre Ferien nehmen müssen. Aus wichtigen betrieblichen Gründen kann der Arbeitgeber die bereits zugesagten Ferien verschieben oder den Arbeitnehmer aus den Ferien zurückrufen. In diesem Fall muss er die dadurch entstandenen Kosten (z.B. Annullierungskosten) übernehmen.

Ein eigenmächtiger Ferienbezug stellt in der Regel eine schwerwiegende Verletzung des Arbeitsvertrages dar, der unter Umständen zur fristlosen Kündigung des Arbeitsvertrages berechtigt. Ein eigenmächtiger Ferienbezug durch den Arbeitnehmer ist aber gegebenenfalls zulässig, wenn sich der Arbeitgeber trotz ausdrücklicher Aufforderungen weigert, Ferien überhaupt oder in der vom Gesetz geforderten Weise zu gewähren. Dabei wird aber davon ausgegangen, dass die entsprechende Absicht durch den Arbeitnehmer rechtzeitig anzukündigen ist, ansonsten er unter Umständen einen Grund für eine zulässige fristlose Entlassung durch den Arbeitgeber gibt.

 

Ferien während Krankheit oder Unfall

Ist durch die Krankheit oder den Unfall der Erholungszweck der Ferien vereitelt, ist ein Arbeitnehmer ferienunfähig und die entsprechenden Ferientage gelten als nicht bezogen. Steht dies schon im Voraus fest, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine Verschiebung der bereits festgelegten Ferien. In solchen Fällen ist hingegen klar zwischen Arbeits- und Ferienunfähigkeit zu unterscheiden, denn das eine bedeutet nicht automatisch auch das andere. Entscheidend ist, ob der Erholungswert der Ferien durch den Verhinderungsgrund ausserordentlich stark beeinträchtigt ist.

Das Arbeitsgericht Zürich fasste die diesbezügliche Rechtslage in einem konkreten Fall wie folgt zusammen:

«Das zeitliche Zusammentreffen von Ferien und Arbeitsunfähigkeit ist im Gesetz nicht geregelt. Nach Gerichtspraxis gilt jedoch, dass Arbeitsunfähigkeit die ‹Ferienunfähigkeit› zur Folge hat, sofern die Ursache der Arbeitsunfähigkeit den Erholungszweck der Ferien zu vereiteln vermag. Wo immer als Ursache der Arbeitsunfähigkeit Krankheit mit Bettruhe, Behandlungen oder wiederholten Arztbesuchen gegeben ist, fehlt es an einer wesentlichen Voraussetzung des Ferienbezuges, nämlich an dem Ferienanspruch immanenten Erholungszweck, und dem Arbeitnehmer steht das Recht auf Feriennachbezug zu. Wird indessen dieser Erholungszweck durch die der Arbeitsunfähigkeit zugrundeliegende Krankheit nicht gefährdet, so fallen Arbeitsunfähigkeit und ‹Ferienunfähigkeit› nicht zusammen, und dem Arbeitnehmer steht kein Recht auf Nachbezug von Ferien zu.»

 

Übertragung und Verjährung von Ferien

Was passiert mit nicht bezogenen Ferien Ende Jahr? Können diese auf das nachfolgende Jahr transferiert werden? Verbreitet ist die Ansicht, dass nicht bezogene Ferien am Ende eines Jahres verfallen. Auch allgemeine Arbeitsreglemente sehen oft ähnliche Regelungen vor. Das Bundesgericht hat grundsätzlich gegen die Zulässigkeit solcher Regelungen entschieden. D.h. nicht bezogene Ferien werden grundsätzlich ohne Weiteres auf die nächsten Jahre übertragen, wodurch sich das Ferienguthaben für die Folgejahre erhöht. Der Arbeitgeber muss daher den Ferienbezug anordnen, will er exorbitante Ferienguthaben verhindern. Hingegen ist zu beachten, dass der Anspruch auf Ferien nach 5 Jahren verjährt. Dabei sind Ferien, die bezogen werden, mit dem ältesten Ferienanspruch zu verrechnen (siehe hierzu den Beitrag zur Verjährung).

 

Erreichbarkeit während der Ferien

Grundsätzlich ist vom Erholungszweck der Ferien auszugehen. Dies führt dazu, dass, wenn der Arbeitgeber von seinen Arbeitnehmern ausdrücklich die ständige Erreichbarkeit verlangt, die entsprechenden Tage in der nicht als Ferien angerechnet werden können, da sich ein Arbeitnehmer in einem solchen Zustand nicht angemessen erholen kann.

Dies gilt aber nicht bei Fällen, wo die Erreichbarkeit nicht für eigentliche Arbeitseinsätze oder Informationsabgabe und Auskunftserteilung im unternehmerischen Normalbetrieb eingesetzt wird, sondern lediglich für Notfälle. Hier lässt sich ein gesetzeskonformer, den Erholungszweck ermöglichender Bezug der Ferien bejahen. Das gleiche gilt u.E., wenn ein Arbeitnehmer nur gelegentlich währen den Ferien einen Anruf entgegennimmt und ein Gespräch führt, eine E-Mail liest und beantwortet oder an einer Videokonferenz teilnimmt, ohne dass erwartet wird, dass er jederzeit auch erreichbar ist und sofort antwortet. Auch in diesen Fällen ist ein Erholungszweck möglich. Das Gleiche dürfte gelten, wenn klar ist, dass trotz erwarteter jederzeitiger Erreichbarkeit diese nie in Anspruch genommen wird.

Klar ist aber: Die tatsächliche Einsatzzeit, die Zeit also, während der ein Arbeitnehmer zum Beispiel einen Anruf entgegennimmt und ein Gespräch führt, eine E-Mail liest und beantwortet oder an einer Videokonferenz teilnimmt, stellt Arbeitszeit dar und ist als solche in der Arbeitszeiterfassung festzuhalten.

Anderes gilt nach der Praxis, wenn ein Arbeitnehmer freiwillig den Kontakt zum Arbeitgeber sucht und sich auf dem Laufenden hält. Dies ist weder Arbeitszeit noch kann dies zur Nachgewährung von Ferien führen.

 

Zu viele bezogene Ferien

Hat der Arbeitnehmer im laufenden Jahr mehr Ferientage bezogen als ihm zustehen, wird der negative Saldo im Folgejahr verrechnet. Am Ende des Arbeitsverhältnisses kann zu viel bezogene Ferien zurückgefordert werden, wenn dies vertraglich vereinbart ist. Bei einer fristlosen Kündigung hängt die Rückforderung davon ab, ob die Kündigung gerechtfertigt war oder nicht.

Diese Regelungen sind dazu da, die Rechte und Pflichten sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer zu schützen und sicherzustellen, dass Ferien tatsächlich der Erholung dienen. Es ist wichtig, diese Bestimmungen zu kennen, um Missverständnisse und Konflikte am Arbeitsplatz zu vermeiden.

 

Nicht rechtzeitig zurück aus den Ferien?

Kommt ein Arbeitnehmer nicht rechtzeitig aus den Ferien zurück, so ist für die Rechtsfolge der Grund für die verspätete Heimreise relevant. Es gelten hier die allgemeinen Regeln bei Nicht-Ausführen der Arbeit. Der Arbeitgeber muss bei Verhinderung an der Arbeitsleistung den Lohn nur dann weiter bezahlen, wenn die Gründe für die Verhinderung in der Person des Arbeitnehmers liegen (z.B. Krankheit oder Unfall). Nicht in der Person des Arbeitnehmers liegen Verhinderungsgründe, die auf äussere Umstände und höhere Gewalt zurückzuführen sind: Verkehrsstaus, Naturkatastrophen, blockierte Bahnstrecken, Streiks. Eine unfreiwillige Verlängerung der Ferien geht dann zu Lasten des Arbeitnehmers, was dazu führt, dass bei entsprechenden Absenzen auch kein Lohn geschuldet ist. Ist der Arbeitnehmer jedoch beispielsweise erkrankt und kann deshalb nicht pünktlich zurückkehren, ist der Lohn trotzdem geschuldet.

 

Weitere Beiträge zum Ferienrecht (Auswahl):

 

Autor: Nicolas Facincani 

 

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