Art. 336 OR listet Gründe auf, welche zur Missbräuchlichkeit einer Kündigung führen. Eine Kündigung der Arbeitgeberin ist gemäss Art. 336 Abs. 2 lit. a OR missbräuchlich, wenn sie ausgesprochen wird, weil der Arbeitnehmer einem Arbeitnehmerverband angehört oder nicht angehört oder weil er rechtmässig eine gewerkschaftliche Tätigkeit ausübt. Geschützt ist allerdings nur die rechtmässige gewerkschaftliche Tätigkeit, das heisst sie darf gesetzliche, gesamtarbeitsvertragliche und einzelarbeitsvertragliche Vorschriften nicht verletzen (BBl 1984 II 602).

Eine solche Kündigung kann nicht dadurch gerechtfertigt werden, dass die gewerkschaftliche Tätigkeit die Zusammenarbeit im Betrieb wesentlich stört. Allerdings kann bei Tendenzbetrieben die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gewerkschaft eine Treuepflichtverletzung darstellen. In diesen Fälle wäre eine Kündigung dann nicht missbräuchlich. Die Teilnahme an einem rechtmässigen Streik wird für Gewerkschaftsmitglieder ebenfalls durch Art. 336 Abs. 2 lit. a OR geschützt. Soweit die Arbeitspflicht nicht verletzt wird, ist auch die Mitgliederwerbung für eine Gewerkschaft am Arbeitsplatz zulässig.

Eine Kündigung bei gewerkschaftlicher Tätigkeit ist allerdings nicht per se missbräuchlich ist, sondern nur, wenn diese das Kündigungsmotiv war.

 

Mediation zwischen Sozialpartnern

Bundesrat Parmelin hatte 2019 Franz Steinegger als Mediator für eine Mediation über die missbräuchliche Kündigung von Gewerkschaftern zwischen den Sozialpartnern 2019 eingesetzt. Die Mediation sollte die Frage klären, wie Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter besser vor missbräuchlichen Kündigungen geschützt werden können. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB hatte bereits 2003 eine Beschwerde vor einem Kontrollorgan der Internationalen Arbeitsorganisation betreffend unzureichenden Schutz von Gewerkschaftern eingereicht.

Nach vierjähriger Mediation hatte der Vorsteher WBF 2023 entschieden, die Mediation vorläufig zu sistieren. Obwohl Lösungsansätze vorlagen, hatte sich gezeigt, dass ein Abschluss derzeit nicht möglich ist. Eine zwischenzeitliche Sistierung drängte sich auf, zumal alle Teilnehmenden ihre Ressourcen in den kommenden Monaten auf die Gespräche im Rahmen des EU-Dossiers konzentrieren wollten.

 

Wiederaufnahme der Mediation

Im Anschluss an ein Gespräch zwischen dem Mediator Franz Steinegger und den Sozialpartnern hat Bundesrat Guy Parmelin beschlossen, die Mediation zu den missbräuchlichen Kündigungen von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern wiederaufzunehmen. Bundesrat Parmelin hat die Sozialpartner nun darüber informiert, dass die Mediation ab sofort bis zum 1. November 2025 wiederaufgenommen wird. Nach seiner Einschätzung stehen die Chancen gut, dass eine Einigung gefunden wird.

 

Weitere Beiträge zur missbräuchlichen Kündigung (Auswahl):

 

Autor: Nicolas Facincani

 

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