In einem Arbeitszeugnis, welches bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellt wird, ist das rechtliche Enddatum festzuhalten. Weil im Arbeitszeugnis jeweils auch das Enddatum der Anstellung zu nennen ist, stellt sich die Frage, wie es sich damit im Falle einer ungerechtfertigten fristlosen Entlassung verhält.
Gemäss der einen (primär in der Westschweiz vertretenen) Lehrmeinung führe die fristlose Auflösung immer zur sofortigen rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ob sie nun gerechtfertigt sei oder nicht. Deswegen und in Nachachtung an das Prinzip der Wahrheit gelte in jedem Fall.
Nach der gegenteiligen, v.a. in der Deutschschweiz vertretenen, Lehrmeinung sei bei einer ungerechtfertigten fristlosen Kündigung das im Arbeitszeugnis zu nennende Enddatum der nächstmögliche ordentliche Kündigungstermin, soweit der betroffene Arbeitnehmer nicht bereits davor eine neue Stelle angetreten habe. Damit sollten Rückschlüsse auf die ungerechtfertigte fristlose Kündigung seitens der Arbeitgeberin verhindert werden. Der vorerwähnte Grundsatz – d.h. dass das effektive Enddatum in das Arbeitszeugnis aufzunehmen ist – finde daher nur bei gerechtfertigten fristlosen Kündigungen Anwendung.
Das Bundesgericht hat dazu bislang nicht eindeutig Stellung genommen, hielt immerhin aber mit Blick auf eine ungerechtfertigte fristlose Kündigung durch eine Arbeitnehmerin fest, in diesem Fall sei auf den Zeitpunkt der rechtlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses abzustellen, d.h. den Tag, an welchem die Kündigung ausgesprochen wurde (BGer 4C.36/2004 vom 8.4.2004).
Entscheid des Obergerichts Zürich
Auch im Entscheid LA230009 vom 22. Mai 2024 hatte sich das Obergericht des Kantons Zürich mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Gemäss diesem Entscheid, ist der nächstmögliche ordentliche Kündigungstermin abzustellen:
Darüber hinaus wird – worauf die Klägerin zutreffend hinweist (Urk. 29 Rz. 18) – sowohl in der Lehre als auch in der Rechtsprechung die Ansicht vertreten, dass im Falle einer ungerechtfertigten fristlosen Entlassung nicht das wirkliche Beendigungsdatum anzugeben ist, sondern der Tag, an dem das Arbeitsverhältnis ordentlich geendet hätte (BSK OR I-Portmann/Rudolph, Art. 330a N 6 m.W.H.; Etter, Stämpflis Handkommentar, OR 330a Rz. 45 m.w.H.; OGer ZH LA190034 vom 06.03.2020, E. III.5.), was gemäss Befristung des Arbeitsvertrags (Urk. 4/3 Ziff. 1) bzw. unter Beachtung einer ordentlichen Kündigungsfrist von einem Monat (Urk. 4/3 Ziff. 9) und der Sperrfrist nach Art. 336c Abs. 1 lit. b OR am 31. Dezember 2021 eingetreten wäre (Urk. 4/3).
Entscheid des Bundesgerichts
Die dagegen erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde an das Bundesgericht wurde abgewiesen (BGer 4D_103/2024 vom 5. September 2024):
4.4. Was die Beschwerdeführerin dagegen vorträgt, verfängt nicht. Wiederum verfehlt sie die Begründungsanforderungen an eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Sie legt nicht ansatzweise dar, inwiefern die Vorinstanz verfassungsmässige Rechte verletzt haben sollte, indem sie die erstinstanzlich angeordnete Fassung des Arbeitszeugnisses bestätigte.
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Autor: Nicolas Facincani
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