Ein Arbeitnehmer hatte vor Gericht bereits mit einer Klage wegen missbräuchlicher Kündigung obsiegt. Es wurde ihm eine Entschädigung zugesprochen. In einer weiteren Klage forderte der Arbeitnehmer Fr. 29’335.70 zuzüglich Zins. Diese wurde abgewiesen. Diese Ansprüche basierten auf einem anderen Rechtstitel, und waren mit Mobbing begründet. Mit diesem Fall hatte sich schliesslich das Bundesgericht zu befassen (BGer 4A_463/2024 vom 3. Dezember 2024).

 

Ansprüche aus einem anderen Rechtstitel

Gemäss Art. 336a Abs. 2 OR sind, wenn ein Arbeitnehmer Ansprüche aus missbräuchlicher Kündigung geltend macht, Schadenersatzansprüche aus einem anderen Rechtstitel vorbehalten.

Damit im Zusammenhang mit einer missbräuchlichen Kündigung zusätzlich Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden können, müssen diese auf einem anderen Grund als demjenigen Grund beruhen, welche die Kündigung an sich missbräuchlich macht. Als Beispiel wird oft die Mitteliung der Kündigung mit unwahren Angaben an Dritte genannt.

Das Bundesgericht hat hierzu das Folgende festgehalten (BGE 123 III 391 ff.):

En réservant, à l’art. 336a al. 2 in fine CO, les dommages-intérêts que la victime du congé pourrait exiger à un autre titre, le législateur a laissé ouvert le droit du travailleur de réclamer la réparation du préjudice résultant d’une cause autre que le caractère abusif du congé; rien ne permet de penser qu’il ait voulu, par là, empêcher le juge de prendre en considération, lors de la fixation de l’indemnité, la situation économique des parties, alors que, précisément, les travaux préparatoires en font expressément mention parmi les facteurs pertinents.

Die Abgrenzung, ob nun Gründe, die einen Schadenersatzanspruch begründen, bereits kausal für die missbräuchliche Kündigung sind, dürfte sich aber in gewissen Konstellationen als schwierig erweisen. Sodann stellt sich die Frage, ob das Resultat in jedem Fall fair und richtig ist – so etwa im Beispiel der älteren Arbeitnehmer.

 

Mobbing

Der Begriff des Mobbings ist im schweizerischen Arbeitsrecht nicht definiert. Gemäss der Rechtsprechung des Bundesgerichts wird Mobbing (psychologische Belästigung) definiert als eine Reihe von feindlichen Kommentaren und/oder Handlungen, die in der Regel über einen ziemlich langen Zeitraum wiederholt werden und bei denen eine oder mehrere Personen versuchen, eine Person am Arbeitsplatz zu isolieren, zu marginalisieren oder sogar auszuschließen. Das Opfer wird dabei in eine Situation gebracht, in der jede einzelne Handlung für sich alleine noch als erträglich angesehen werden könne, während dem die Gesamtheit der Handlungen zu einer eine Destabilisierung der Persönlichkeit führen, die bis zur professionellen Eliminierung der betroffenen Person vorangetrieben wird. Gemäss dem Bundesgericht ist Mobbing demnach ein systematisches, feindliches, über einen längeren Zeitraum anhaltendes Verhalten, mit dem eine Person an ihrem Arbeitsplatz isoliert, ausgegrenzt oder gar von ihrem Arbeitsplatz entfernt werden soll (vgl. Urteil 4A_652/2018 des Bundesgerichts vom 21. Mai 2019).

Zunächst stehen einem Mobbingopfer die allgemeinen Rechtsbehelfe aus Persönlichkeitsverletzung zu (Art. 28 ZGB). So kann insbesondere die Persönlichkeitsverletzung festgestellt und auf Unterlassung, Schadenersatz sowie in schweren Fällen auf Genugtuung geklagt werden. Im Allgemeinen macht es aber wenig Sinn, diese Rechtsbehelfe während eines laufenden Arbeitsverhältnisses zu ergreifen.

In schweren Mobbingfällen kann die betreffende Person die Arbeit einstellen, ohne den Lohnanspruch zu verlieren. In Extremfällen kann auch eine fristlose Kündigung seitens Arbeitnehmer gerechtfertigt sein. Im Normalfall werden sich Arbeitnehmer aber krankschreiben lassen

Wird im Falle von Mobbing gleichzeitig gegen die Schutzpflichten des Arbeitsgesetzes verstossen, kann eine Anzeige beim zuständigen Arbeitsamt wegen Verstosses gegen das Arbeitsgesetz eine wirksame Alternative sein. Ebenso können in besonderen Situationen strafrechtliche Rechtsbehelfe beigezogen werden, sofern Straftatbestände erfüllt werden. Zu denken ist hier insbesondere an Tätlichkeiten und Körperverletzungen, Ehrverletzungen oder sexuelle Belästigungen.

Kündigungen durch den Arbeitgeber bei Mobbingsituation können unter gewissen Umständen missbräuchlich sein. Tatsache, dass Mobbing vorliegt, bedeutet nicht automatisch, dass die Kündigung missbräuchlich ist, sondern es müssen die Folgen des Mobbings untersucht werden. Wenn das Mobbing beim Arbeitnehmer zu einem Leistungsabfall oder einer Krankheitsperiode geführt hat und vom Arbeitgeber in Verletzung seiner Pflicht aus Art. 328 Abs. 1 OR toleriert wurde, kann er dies nicht zum Anlass nehmen, den Arbeitnehmer zu entlassen, denn dies würde bedeuten, dass er sich auf sein eigenes Verschulden, d.h. das Fehlen wirksamer Massnahmen gegen Mobbing, berufen würde, um daraus einen Vorteil zum Nachteil des Arbeitnehmers zu ziehen, was gegen Treu und Glauben verstösst.

Damit eine Kündigung missbräuchlich ist, muss ein Kausalzusammenhang zwischen dem verwerflichen Motiv und der Kündigung bestehen. Mit anderen Worten: Der unzulässige Grund muss eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung des Arbeitgebers gespielt haben, den Vertrag zu kündigen. Wenn mehrere Kündigungsgründe vorliegen und einer davon nicht schutzwürdig ist, muss geprüft werden, ob der Vertrag auch ohne den rechtswidrigen Grund gekündigt worden wäre: Ist dies der Fall, ist die Kündigung nicht missbräuchlich.

Nach der jüngeren Rechtsprechung ist eine Kündigung sodann dann missbräuchlich, wenn ein Arbeitgeber in einer Konfliktsituation am Arbeitsplatz eine Kündigung ausspricht, ohne zuvor zumutbare Massnahmen zur Entschärfung der (Mobbing-)Situation getroffen zu haben – dabei ist insbesondere auch eine zu spät angesetzte Aussprache ungenügend.

 

Beurteilung durch das Bundesgericht

Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab (BGer 4A_463/2024 vom 3. Dezember 2024). Der Arbeitnehmer habe nicht zureichend detailliert dargelegt, dass das angebliche Mobbing ursächlich für den Schaden sei

5. Hinsichtlich des geltend gemachten Schadenersatzanspruchs aus einem anderen Rechtstitel (Art. 336a Abs. 2 OR) hat die Vorinstanz im Einzelnen begründet, weshalb der Beschwerdeführer nicht zureichend substantiiert habe, dass das angebliche Mobbing den Schaden verursachte. Auch hinsichtlich der als widersprüchlich gerügten erstinstanzlichen Erwägungen verweist die Vorinstanz darauf, dass der Beschwerdeführer nicht aufzuzeigen vermöge, rechtsgenügend einen Kausalzusammenhang zwischen dem angeblichen Mobbing und dem angeblichen Schaden behauptet zu haben. Darauf kann verwiesen werden. Die vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Vorbringen sind rein appellatorisch. Entsprechendes gilt für die vorinstanzliche Erwägung, der Beschwerdeführer habe sich in seiner Berufungsschrift nicht mit der eigenständigen Begründung der Erstinstanz auseinandergesetzt, wonach die von ihm angerufenen Passagen nicht als Haftungsgrundlage genügten, weil sie nicht entsprechend klar formuliert seien, eine derart weitgehende Zusicherung wie die Fortzahlung des Lohns bzw. von Lohnschadenersatz über die Kündigung hinaus jedoch eine entsprechend klare Formulierung voraussetze. Appellatorisch und damit unbeachtlich sind zudem die Ausführungen in der Beschwerde zur Begründung im angefochtenen Entscheid, weshalb der Beschwerdeführer auch inhaltlich nicht durchdringe.

 

Soziale Untersuchungsmaxime

Der vorliegende Rechtsstreit unterlag nach Art. 247 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ZPO der sogenannten sozialen Untersuchungsmaxime. Dies, weil der Streitwert weniger als CHF 30’000 betrug.

Im Rahmen der sozialen Untersuchungsmaxime ist das Gericht einer erhöhten Fragepflicht unterworfen. Es kommt den Parteien mit spezifischen Fragen zur Hilfe, damit die erforderlichen Behauptungen und die entsprechenden Beweismittel genau aufgezählt werden (BGE 141 III 569 E. 2.3.2). Das Gericht ist nicht an die Tatsachenbehauptungen und Beweisanträge der Parteien gebunden (BGE 142 III 402 E. 2.1; 139 III 457 E. 4.4.3.2). Es ist aber zugleich auch nicht befugt, aus eigenem Antrieb zu ermitteln. Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Akten zu durchsuchen, um darin Beweismittel zu Gunsten einer Partei zu finden (BGE 141 III 569 E. 2.3.2).

Die Parteien sind nicht davon befreit, bei der Feststellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken und die allenfalls zu erhebenden Beweise zu bezeichnen (Urteile 4A_368/2024 vom 23. Oktober 2024 E. 5.1.1; 4A_183/2023 vom 12. Dezember 2023 E. 5.1; 4A_491/2014 vom 30. März 2015 E. 2.6.1 mit Hinweisen).

Der Arbeitnehmer machte geltend, die Erstinstanz habe die soziale Untersuchungsmaxime verletzt, was vom Bundesgericht verneint wurde:

6.1. Nach Art. 247 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 ZPO unterliegt der vorliegende Rechtsstreit der sogenannten sozialen Untersuchungsmaxime, die vor allem zum Ausgleich eines Machtgefälles zwischen den Parteien oder ungleichen juristischen Kenntnissen geschaffen wurde. Sie ändert nichts daran, dass die Parteien die Verantwortung für die Sachverhaltsermittlung tragen. Sie sind nicht davon befreit, bei der Feststellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts aktiv mitzuwirken und die allenfalls zu erhebenden Beweise zu bezeichnen (Urteile 4A_368/2024 vom 23. Oktober 2024 E. 5.1.1; 4A_183/2023 vom 12. Dezember 2023 E. 5.1; 4A_491/2014 vom 30. März 2015 E. 2.6.1 mit Hinweisen). So ist das Gericht nach dem Willen des Gesetzgebers nur einer erhöhten Fragepflicht unterworfen. Es kommt den Parteien nur mit spezifischen Fragen zur Hilfe, damit die erforderlichen Behauptungen und die entsprechenden Beweismittel genau aufgezählt werden (BGE 141 III 569 E. 2.3.2). Das Gericht ist zwar nicht an die Tatsachenbehauptungen und Beweisanträge der Parteien gebunden (BGE 142 III 402 E. 2.1; 139 III 457 E. 4.4.3.2). Es ist aber zugleich auch nicht befugt, aus eigenem Antrieb zu ermitteln. Denn es ist nicht Aufgabe des Gerichts, die Akten zu durchsuchen, um darin Beweismittel zu Gunsten einer Partei zu finden (BGE 141 III 569 E. 2.3.2).

6.2. Diese Grundsätze verkennt der Beschwerdeführer, wenn er vor Bundesgericht in allgemeiner Weise vorbringt, die Erstinstanz hätte die Sachverhaltsfeststellung und Beweisabnahme von Amtes wegen vornehmen müssen. Die Vorinstanz hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es nicht Aufgabe des Gerichts sei, selbstständig im Internet zu recherchieren, um der klagenden Partei zu helfen. Hinsichtlich der vorinstanzlichen Erwägung, der Beschwerdeführer habe nicht aufgezeigt, was die Erstinstanz konkret hätte fragen müssen (vgl. Art. 56 ZPO), behauptet er vor Bundesgericht einmal mehr pauschal, er habe in seiner Berufungsschrift aufgezeigt, dass sich eine Fragepflicht ergeben habe, ohne dies jedoch rechtsgenügend aufzuzeigen.

Der Vorwurf der Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes erweist sich insgesamt als unbegründet. Auch mit seinen Vorbringen gegen die vorinstanzliche Erwägung, wonach die Behauptungen des Beschwerdeführers nicht geeignet gewesen waren, um ihm den verlangten Schadenersatz zuzusprechen, vermag er keine Bundesrechtsverletzung aufzuzeigen. Im Umstand, dass die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid auf ihre vorangehenden Ausführungen verwies, ist zudem entgegen der in der Beschwerde vertretenen Ansicht keine Verletzung der gerichtlichen Begründungspflicht (Art. 29 Abs. 2 BV) zu erblicken. Die Vorinstanz hat in ihren Erwägungen hinreichend die Überlegungen genannt, von denen sie sich hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 143 III 65 E. 5.2; 142 III 433 E. 4.3.2; 141 III 28 E. 3.2.4; je mit Hinweisen).

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

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