Viele Arbeitnehmer gehen davon aus, dass mit zunehmendem (Dienst-)Alter der Ferienanspruch auch steigt. Doch ist dies wirklich so?

 

Die Regelung gemäss Obligationenrecht

Das Obligationenrecht sieht einen Mindestanspruch von vier Wochen bezahlten Ferien pro Jahr vor. Jugendlichen bis zum 20. Altersjahr stehen fünf Wochen Ferien zu. Sodann sind einer lernenden Person bis zum 20. Altersjahr mindestens fünf Wochen Ferien zu gewähren (Art. 345a Abs. 3 OR). Bei den vorgenannten Vorschriften handelt es sich um Mindestvorschriften zugunsten des Arbeitnehmers. D.h. von Ihnen darf nur zugunsten, jedoch nicht zulasten eines Arbeitnehmers abgewichen werden.

Dies bedeutet, dass wenn keine anderweitigen Regelungen bestehen, einem Arbeitnehmer auch mit zunehmendem (Diest-)Alter nicht mehr Ferien zustehen als einem (dienst-)jüngeren Arbeitnehmer.

 

Vertragliche Regelungen

In der Praxis oft anzutreffend sind Einzelarbeitsverträge und Mitarbeiterreglemente, bei welchen die Anzahl Ferientage an die Dienstjahre oder an das Alter des Arbeitnehmers gekoppelt sind.

Solche Regelungen sind in der Regel zulässig (sofern das gesetzliche Ferienminimum eingehalten ist), aber vom Gesetz nicht zwingend vorgesehen. Oft wird für Arbeitnehmer ab dem 50. Altersjahr häufig ein höherer Ferienanspruch (oftmals 5 Wochen) gewährt.

 

Regelungen in Gesamtarbeitsverträgen

Auch Gesamtarbeitsverträge enthalten oft Regelungen über Ferien, welche grosszügiger sind als 4 Wochen, welche das Obligationenrecht mindestens vorsieht. Die Regelungen sind vielfältig. Nachfolgend ein paar zufällige Beispiele:

  • Der L-GAV sieht etwa in Ziff. 17.1 einen Ferienanspruch von 5 Wochen pro Jahr vor. Der Ferienanspruch pro Jahr wird mit zunehmendem (Dienst-)Alter nicht erhöht.
  • Der GAV für das Schweizerische Bäcker-, Konditoren- und Confiseurgewerbe sieht ebenfalls einen Ferienanspruch von 5 Wochen pro Jahr vor.
  • Der GAV für das schweizerische Coiffeurgewerbe sieht etwa das folgende vor: Die Arbeitnehmerin hat pro Dienstjahr Anspruch auf bezahlte Ferien wie folgt: Arbeitnehmerin bis zum vollendeten 20. Altersjahr: 5 Wochen, Arbeitnehmerin ab dem vollendeten 20. Altersjahr: 4 Wochen, Arbeitnehmerin ab dem vollendeten 5. Tätigkeitsjahr nach abgeschlossener Ausbildung im gleichen Betrieb: 5 Wochen.
  • Der GAV für das Holzbaugewerbe sieht die folgende Regelung vor: Bis zum vollendeten 50. Altersjahr haben Mitarbeitende einen Ferienanspruch von 5 Wochen. Bis zum vollendeten 20. Altersjahr und ab dem 51. Altersjahr beträgt der Ferienanspruch 6 Wochen. Für Lernende beträgt der Ferienanspruch unabhängig vom Alter 6 Wochen pro Kalenderjahr.

Es ist somit stets zu prüfen, ob auf ein Arbeitsverhältnis ein GAV anwendbar ist. Dort ist der Mindestferienanspruch festgehalten. Sieht ein Einzelarbeitsvertrag oder ein Mitarbeiterreglement sodann eine grosszügigere Ferienregelung als ein GAV vor, geht der Einzelarbeitsvertrag bzw. das entsprechende Reglement vor.

 

Öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse

Öffentlich-rechtlich angestellte Personen profitieren in der Regel von Ferienlösungen, die über die Mindestregelungen des Obligationenrechts hinausgehen. So sieht etwa die Bundespersonalverordnung die folgende Ferienregelung vor:

  • 6 Wochen bis und mit dem Kalenderjahr, in dem sie das 20. Altersjahr vollenden;
  • 5 Wochen vom Beginn des Kalenderjahres an, in dem sie das 21. Altersjahr vollenden;
  • 6 Wochen vom Beginn des Kalenderjahres an, in dem sie das 50. Altersjahr vollenden;
  • 7 Wochen vom Beginn des Kalenderjahres an, in dem sie das 60. Altersjahr vollenden.

Auch kantonale und kommunale Regelungen sind oft ähnlich.

 

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Autor: Nicolas Facincani 

 

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