Die technische Überwachung von Arbeitnehmern, insbesondere auch Homeoffice, unterliegt verschiedenen rechtlichen Schranken (siehe hierzu auch den Beitrag Videoüberwachung am Arbeitsplatz sowie den Beitrag Die Überwachung von Geschäftsfahrzeugen mit GPS-Geräten):

 

Fürsorgepflicht

Wegen der allgemeinen Fürsorgepflicht ist der Arbeitgeber gemäss Art. 328 OR verpflichtet, die Gesundheit und die Persönlichkeit seiner Arbeitnehmer zu schützen und zu achten. Darum hat er alle Eingriffe in die Persönlichkeit seiner Arbeitnehmer zu unterlassen, die nicht durch den Arbeitsvertrag gerechtfertigt sind.

 

Datenerhebung

Die Überwachung des Arbeitnehmers im Homeoffice stellt eine Datenerhebung dar. Deshalb sind die entsprechenden datenschutzrechtlichen Einschränkungen zu beachten. Die rechtlichen Grundlagen für die Einschränkungen der Überwachung sind:

  • 328b OR: Der Arbeitgeber darf Daten über den Arbeitnehmer nur bearbeiten, soweit sie dessen Eignung für das Arbeitsverhältnis betreffen oder zur Durchführung des Arbeitsvertrages erforderlich sind. Im Übrigen gelten die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1992 über den Datenschutz. Somit darf ein Arbeitgeber Angaben zur Person des Arbeitnehmers, Unterlagen zur Aus- und Weiterbildung sowie beruflichen Erfahrung nur verwenden und aufbewahren, wenn diese einen engen Zusammenhang zum betreffenden Arbeitsverhältnis aufweisen.
  • Das Datenschutzgesetz verlangt die Verhältnis- und Zweckmässigkeit sowie die Transparenz von Datenbearbeitungen. Verhältnismässigkeit verlangt insbesondere, dass Überwachungsmassnahmen nur soweit gehen, als sie dem vorbestimmten Zweck dienen und dass der Zweck nicht auf anderen Wegen mit milderen Mitteln erreicht werden kann. Transparenz bedeutet, dass der Arbeitnehmer – mindestens in allgemeiner Form – vorgängig über die Kontrolle informiert wird. Hier empfiehlt sich allenfalls ein Überwachungsreglement. Dass Überwachungsmassnahmen nicht gegen geltendes Recht verstossen dürfen, versteht sich von selbst. Unzulässig ist daher die permanente Überwachung der Benutzung der Internets, E-Mail-Verkehrs und Telefons. Der eidgenössische Daten- und Öffentlichkeitsbeauftragte hat einen Leitfaden in Bezug auf die private Nutzung des Internet/E-Mail und zu den Überwachungsmassnahmen erlassen.

 

Entscheide des Bundesgerichts zur Überwachung von Arbeitnehmern

In den letzten Jahren sind verschiedene Entscheidungen des Bundesgerichts ergangen, die sich mit der Überwachung der Arbeitnehmer auseinandersetzen:

 

BGE 130 II 425

Das Bundesgericht hat sich im Entscheid BGE 130 II 425 ff. mit dem Einsatz von GPS-Geräten auseinandergesetzt.

Gemäss Bundesgericht ist dem Umstand, ob Arbeitnehmende den Dienstwagen auch zu privaten Zwecken nutzen können, grosse Wichtigkeit zuzumessen. Eine Ortung ausserhalb der Arbeitszeit greift in schwerwiegender Weise in den Privatbereich des Arbeitnehmers ein und würde einer Ausspionierung seines Privatlebens gleichkommen (BGE 130 II 425 E. 6.3) Eine derartige Überwachung vermag folglich auch nicht durch ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers gerechtfertigt werden, […] Eine solche Überwachung könnte höchstens dann rechtmässig sein, wenn der Arbeitgeber geeignete Vorkehrungen zum Schutz des Arbeitnehmers trifft, also ihn davor schützt, dass Daten auch ausserhalb der Arbeitszeit erhoben werden. Denkbar wäre z.B. die Möglichkeit des Arbeitnehmers, das GPS-Gerät in seinem Dienstfahrzeug selbst ein- und auszuschalten.

Das Bundesgericht hielt fest, dass ein Überwachungssystem gemäss Art. 26 ArGV 3 verboten ist, wenn es ausschliesslich oder hauptsächlich darauf abzielt, das Verhalten der Arbeitnehmenden als solches zu überwachen. Andererseits ist seine Verwendung nicht verboten, wenn es zwar objektiv eine solche Überwachungswirkung hat, aber aus legitimen Gründen gerechtfertigt ist, wie etwa aus Sicherheitsgründen oder aus Gründen, die mit der Organisation oder Planung der Arbeit oder mit der Natur des Arbeitsverhältnisses selbst zusammenhängen. Allerdings muss das gewählte Überwachungssystem in Anbetracht der Gesamtheit der Umstände als verhältnismässiges Mittel zum verfolgten Ziel erscheinen und die betroffenen Arbeitnehmenden müssen vorab über seine Verwendung informiert worden sein.

4.4 En résumé, un système de surveillance est interdit par l’art. 26 OLT 3 s’il vise uniquement ou essentiellement à surveiller le comportement comme tel des travailleurs. En revanche, son utilisation n’est pas prohibée si, bien qu’emportant objectivement un tel effet de surveillance, il est justifié par des raisons légitimes, tels des impératifs de sécurité ou des motifs tenant à l’organisation ou à la planification du travail ou encore à la nature même des relations de travail. Encore faut-il, cependant, que le système de surveillance choisi apparaisse, au vu de l’ensemble des circonstances, comme un moyen proportionné au but poursuivi, et que les travailleurs concernés aient préalablement été informés de son utilisation.

 

BGE 139 II 7

Das Bundesgericht hatte sich mit dem Einsatz eines Überwachungsprogrammes zur Kontrolle der Informatikaktivitäten eines Arbeitnehmers, der Verwertbarkeit unrechtmässig erlangter Beweismittel.

In diesem Fall wurde der persönliche Computer eines Arbeitnehmers heimlich überwacht, was zu einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber führte. Das Verwaltungsgericht erklärte die Überwachung für rechtswidrig und die daraus gewonnenen Beweise für unzulässig, was vom Bundesgericht bestätigt wurde. Im Zusammenhang mit der Mitarbeitendenüberwachung am Arbeitsplatz wurde auf Art. 6 ArG verwiesen, der die Arbeitgeberin verpflichtet, Gesundheit und Integrität der Mitarbeitenden zu schützen. Gewisse Formen der Überwachung können legitim sein, dennoch wird betont, dass heimliche und umfassende Überwachungsmassnahmen (i.c. Spyware) oft als unzulässiger Eingriff in die Privatsphäre anzusehen sind.

Dabei hielt das Bundesgericht fest, dass der verdeckte Einsatz eines Überwachungsprogrammes zwecks Bestätigung des Verdachts, ein Arbeitnehmer missbrauche die ihm im Informatikbereich zur Verfügung gestellten Mittel für dienstfremde Zwecke, unzulässig sei. Mit der Verneinung der Verwertbarkeit eines auf diese Weise widerrechtlich erlangten Beweismittels fällt die Grundlage für eine Entlassung dahin.

 

BGE 143 II 443

Der Arbeitnehmer hat 22 Jahre für die SBB gearbeitet, ohne dass es zu Beanstandungen gekommen ist. Die Software Bluecoat erkannte, dass der Blog „tumblr.com“ und zahlreiche Websites mit pornografischen und sexistischen Inhalten aufgerufen wurden (E. 5.2). Die SBB beschloss genauer zu suchen und entdeckte, dass Arbeitnehmer während 18 Tagen am Arbeitsplatz rund 80 Stunden pornografische Internetseiten von teilweise strafbarem Charakter konsumiert hatte. Bei jedem Aufruf einer durch interne Regulierungen verbotenen Website wurde der Arbeitnehmer durch ein Pop-Up-Fenster darauf hingewiesen inkl. Link auf die internen Bestimmungen.  Es folgte die fristlose Entlassung des Arbietnehmers, wobei SBB vor der Analyse/Auswertung des Internetverkehrs weder Zustimmung des Arbeitnehmers noch der Geschäftsleitung der SBB eingeholt hatten (Verstoss gg. Art. 57o RVOG).

Gemäss Bundesgericht war die fristlose Kündigung gerechtfertigt. Ins Gewicht fielen u.a. die Bedeutung eines untadeligen Rufs für die SBB als öffentliche Unternehmung sowie die Tatsache, dass Arbeitnehmer bei jedem Aufruf mittels Pop-Up-Fensters auf Verstoss hingewiesen wurde. Obwohl die Datenerhebung nicht in jeder Hinsicht korrekt war, durfte aufgrund der vorzunehmenden Interessenabwägung zwischen der Wahrheitsfindung und dem Schutz der Privatsphäre auf den ITKontrollbericht abgestellt werden.

 

BGE 145 IV 42

Der Fall handelte von einer Videoüberwachung in den Räumlichkeiten eines Unternehmens, bei der Mitarbeiter ohne ihr Wissen aufgezeichnet wurden, da einige Angestellte des Diebstahls verdächtigt wurden. Die Videoüberwachung wurde von der Polizei angeordnet und ohne Genehmigung des Zwangsmassnahmengerichts durchgeführt. Das Bundesgericht hielt fest, dass eine polizeiliche Videoüberwachung von Angestellten in Geschäftsräumen zwecks Aufklärung einer Straftat von der Staatsanwaltschaft angeordnet und vom Zwangsmassnahmengericht genehmigt werden müsse. Sonst dürfe die entsprechenden Aufnahmen in Strafverfahren nicht verwendet werden.

 

4A_518/2020 vom 25. August 2021

Das Bundesgericht hatte sich im Urteil 4A_518/2020 vom 25. August 2021 mit der Frage auseinanderzusetzen, ob der Zugriff auf Daten auf dem Mobiltelefon eines ehemaligen Arbeitnehmers eine Verletzung dessen Persönlichkeitsrechte darstellt und entsprechend die Bezahlung einer Entschädigung aufgrund eines immateriellen Schadens rechtfertigt. Das Bundesgerichtsurteil 4A_518/2020 besagt, dass eine Datenbearbeitung, die gegen Art. 328b OR verstösst, zwar rechtswidrig ist, aber möglicherweise durch einen Rechtfertigungsgrund gemäss Art. 13 DSG (altes Datenschutzgesetz) gerechtfertigt werden kann.

 

Im vorliegenden Zusammenhang, insbesondere dem Datenschutz, sind auch die nachfolgenden Beiträge relevant:

 

Autor: Nicolas Facincani

 

Weitere umfassende Informationen zum Arbeitsrecht finden Sie hier.

 

Umfassende Informationen zum Gleichstellungsrecht finden Sie hier