Der Gesetzgeber gewährt dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, in einem bestimmten Rahmen eine Probezeit zu vereinbaren, in der sich die Parteien besser kennenlernen und gegebenenfalls die langfristig angedachte Beziehung schnell und einfach beenden können. Die Probezeit ist aber vom Praktikum, einem befristeten Arbeitsverhältnis zu unterscheiden

Nach Art. 335b Obligationenrecht (OR) gilt der erste Monat eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses als Probezeit, falls die Parteien nichts oder nichts Anderes vereinbart haben. Ohne anderweitige Abmachung kann der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis daher im ersten Monat ab Stellenantritt jederzeit mit einer Kündigungsfrist von sieben Kalendertagen kündigen, dies auf jeden Wochentag.

Zu unterscheiden ist die Probezeit von der befristeten Probearbeit.

 

Die Probearbeit

Bei der Probearbeit (auch „Probetag“ genannt) lässt der Arbeitgeber den Bewerber für kurze Zeit arbeiten, um zu sehen, ob er für die Stelle geeignet ist. Im Gegensatz zu einem Schnuppertag bzw. zur Schnupperlehre müssen Bewerber bei der Probearbeit keinen Einblick in den Beruf bekommen, da sie meist bereits ausgebildete Fachkräfte sind und den Beruf an sich kennen sollten.

Es ist erlaubt, eine Vereinbarung zu treffen, dass die Arbeit während der Probearbeit sowie auch während einer Schnupperlehre unbezahlt ist, solange das klar abgemacht wird. Wenn diese Vereinbarung getroffen wurde, hat der Bewerber keinen Anspruch auf Bezahlung. Dies wurde auch vom Bundesgericht so bestätigt (Urteil des Bundesgerichts 8C_726/2011 vom 11.1.2012, E. 3.3.):

Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass für die Dauer dieser Probezeit tatsächlich keine Lohnvereinbarung getroffen wurde und die auf eine Anstellung ausgerichtete Familie vorerst noch keine Zahlungsverpflichtung eingegangen ist. So wird es in der Lehre etwa als durchaus üblich bezeichnet, dass bei Schnupperlehren ohne Entgelt gearbeitet wird (REHBINDER/STÖCKLI, in: Berner Kommentar, 3. Aufl., 2010, N. 12 zu Art. 319 OR; vgl. auch ARV 2004 S. 171). Auch ist die Vereinbarung, dass eine bestimmte Arbeitsleistung unentgeltlich erbracht wird – jedenfalls in hier nicht überschrittenem begrenztem Rahmen – zulässig, wenn sie ausdrücklich erfolgt (WOLFGANG PORTMANN, in: Basler Kommentar, 5. Aufl., 2011, N. 19 zu Art. 320 OR). 

Wurde keine solche Vereinbarung zur Unentgeltlichkeit getroffen, sollte geprüft werden (im Gegensatz zu Schnupperlehren), welche Tätigkeit des Bewerbers im Rahmen der Arbeit auf Probe im Vordergrund stand. Wird der Stellenbewerber voll und ganz als Arbeitskraft eingesetzt und verrichtet er die gleichen Arbeiten wie alle anderen Mitarbeiter, so ist er entsprechend zu entlöhnen (so auch Entscheid des KGer SG, JAR 2008, S. 460 ff .). Liegt der Fokus allerdings lediglich beim Kennenlernen (Schnuppern), so erwächst daraus bei der Arbeit auf Probe, ohne explizite anderweitige Vereinbarung, noch kein Lohnanspruch (vgl. zum Ganzen auch Probst, Art. 320, N 19 ff., in: Etter/Facincani/Sutter (Hrsg.), Kommentar zum Arbeitsvertrag, Bern 2021).

 

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Autor: Nicolas Facincani 

 

 

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