Mit einem etwas speziellen Fall hatte sich das Audienzrichteramt Zürich (Geschäfts-Nr. EZ220005) auseinanderzusetzen. Inhaltlich ging um die Vollstreckung eines zwischen den Parteien anlässlich einer Schlichtungsverhandlung abgeschlossenen Vergleich über ein Arbeitszeugnis.

 

Der abgeschlossene Vergleich

Im Rahmen einer Schlichtungsverhandlung einigten sich die Parteien, dass dem Arbeitnehmer ein Arbeitszeugnis mit einem bestimmten Wortlaut ausgestellt werden soll. Auf weitergehende finanziellen Ansprüche verzichtete der Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber war durch einen Rechtsanwalt und eine HR-Person vertreten.

Der Vergleich, welcher in der Verfügung des Friedensrichteramtes festgehalten wurde, hielt diesbezüglich fest, dass dem Arbeitnehmer bis am 15. Februar 2022 ein Arbeitszeugnis mit dem vereinbarten Wortlaut, datierend vom 31. August 2021 sowie unterzeichnet von Person C und einer „HR-Person“ aus- und zuzustellen sei. Die Unterzeichnung durch die Person C war für den Arbeitnehmer zentral.

 

Weigerung zur Unterzeichnung

In der Folge wurde zwar ein Arbeitszeugnis mit dem vereinbarten Inhalt aus- und zugestellt, doch dieses war entgegen der Vereinbarung nicht Person C, sondern von einer anderen Person mitunterzeichnet worden. Person C weigerte sich das Zeugnis auszustellen, dies wegen eines angeblich angespannten Verhältnisses zum Arbeitnehmer.

 

Vollstreckbarkeit von Friedensrichterverfügungen

Entscheide und ihnen gleichgestellte gerichtliche Vergleiche werden nach den Bestimmungen des 10. Kapitels der ZPO (Art. 335-346 ZPO) vollstreckt, wenn sie nicht auf eine Geldzahlung oder Sicherheitsleistung lauten (Art. 335 Abs. 2 ZPO). Kann nicht direkt vollstreckt werden, so ist beim Vollstreckungsgericht ein Vollstreckungsgesuch einzureichen (Art. 338 ZPO). Ge­mäss Art. 339 Abs. 2 ZPO werden rechtskräftige gerichtliche Entscheide im sum­marischen Verfahren vollstreckt. Die Voraussetzungen dafür sind in Art. 336 Abs. 1 ZPO geregelt. Vollstreckbar sind demnach Entscheide, wenn sie rechts­kräftig sind und das Gericht die Vollstreckung nicht aufgeschoben hat (lit. a) oder wenn sie noch nicht rechtskräftig sind, jedoch die vorzeitige Vollstreckung bewil­ligt worden ist (lit. b). Erforderlich ist zudem, dass der Entscheid einen vollstreck­baren Inhalt hat (OFK ZPO-EGLI, Art. 336 N 9-11).

Der genannte, vor dem Friedensrichter geschlossene Vergleich hat ge­mäss Art. 208 Abs. 2 ZPO die Wirkung eines rechtskräftigen Entscheids und er­weist sich in formeller Hinsicht folglich als vollstreckbar.

 

Entscheid des Audienzrichteramtes

Das Audienzrichteramt schützte den Arbeitgeber und verweigerte die Vollstreckung: Aufgrund der Weigerung von Person C, das vereinbarte Arbeitszeug­nis zu unterzeichnen, ist es gemäss dem Entscheid des Audienzrichteramtes für die Arbeitgeberin unmöglich, den anlässlich der Schlichtungsverhandlung geschlossenen Vergleich hin­sichtlich der Modalität der Unterzeichnung des Arbeitszeugnisses vereinbarungsgemäs zu erfüllen. Diesbezüglich erweist sich der Vergleich inhaltlich als nicht vollstreckbar, weshalb das Vollstreckungsgesuch abgewiesen wurde:

4.7. Wie bereits erwähnt, kommt als Entlastung einzig eine von der Schuldnerin nicht zu vertretende Unmöglichkeit in Betracht (vgl. Art. 119 Abs. 1 OR). Anlässlich der Schlichtungsverhandlung liess sich die Gesuchsgegnerin durch den von ihr bevollmächtigten X und ihren Rechtsvertreter vertreten. Gegenstand der Schlichtungsverhandlung war dem Schlichtungsgesuch zufolge nebst finanziellen Forderungen die Aus- und Zustellung eines Arbeitszeugnisses mit bestimmtem Wortlaut (vgl. act. 3/4A S. 2). Person C wird im Schlichtungsgesuch jedoch mit keinem Wort erwähnt, geschweige denn, dass das auszustellende Arbeitszeugnis durch sie unterzeichnet werden soll. Mangels Erwähnung kann von den Vertretern der Gesuchstellerin nicht erwartet werden, dass sie vom (angeblich) angespannten Verhältnis zwischen Person C und dem Gesuchsteller Kenntnis hatten. Mangels Kenntnis dieser Umstände mussten die Vertreter der Gesuchsgegenerin zum Zeitpunkt der Schlichtungsverhandlung ebenso wenig damit rechnen, dass sich Person C als zeitweise Vorgesetzte des Gesuchstellers weigern würde, das Arbeitszeugnis mit dem verein­barten Inhalt auszustellen und zu unterzeichnen. Es ist folglich von einer unverschuldeten Unmöglichkeit der Gesuchsgegnerin auszugehen. Im Übrigen entfällt bei Unmöglichkeit der Anspruch auf Vollstreckung durch unmittelbaren oder mit­telbaren Zwang selbst dann, wenn die Unmöglichkeit bereits vor Erlass des zu vollstreckenden Entscheids eingetreten ist und die entsprechende Einwendung —wie vorliegend —nicht erhoben worden ist (vgl. BGer 4A_287/2020 vom 24. März 2021 E. 2.3).

Der Entscheid verwundert. Denkt man diesen weiter, könnte der Arbeitgeber wohl in Zukunft jederzeit damit argumentieren, es finde sich niemand der sich nicht weigere, eine vereinbartes Zeugnis zu unterzeichnen und könnte sich so aus der Verantwortung stehlen, dies insbesondere, wenn das Zeugnis gegen eine finanzielle Forderung «eingetauscht» wurde.

 

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Autor: Nicolas Facincani

 

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